Ich habe kürzlich Aleksander Lodwich kennengelernt, der sich im ICE über die ganze Strecke von Leipzig bis Hannover neben mir sitzend die auf diesen Seiten vorgestellten Thesen durchgelesen hat. Zusätzlich zu vielen anderen interessanten Anmerkungen erwähnte er dabei ein Modell zur Definition von Eigentum, welches ich hier gerne vorstellen möchte, weil es nicht nur interessant und innovativ ist, sondern in vielen Aspekten Fragen beantworten aber auch provozieren kann, die hinsichtlich der Eigentumsdiskussion im Rahmen des emancipare-Konzeptes relevant sind.
Aleksander zählt insgesamt acht verschiedene Eigenschaften auf, die zu einem Eigentumsbegriff führen, der zwangsläufig zu einer friedlichen und natürlichen Allokation von Eigentum führen soll - vor allem aber Eigentum an Dingen verhindert, die tatsächlich niemals jemandes Eigentum sein sollten. Diese acht Eigenschaften sind:
1. Eigenschaft der gerechtfertigten Quelle
Eigentum kann nur an Dingen bestehen, die das Ergebnis von menschlicher Arbeit ist.
2. Eigenschaft der Zählbarkeit
Man kann Eigentum nur an konkreten, zählbaren Gegenständen besitzen. (Diese Eigenschaft betrachte ich als schwierig, da "Zählbarkeit" als solches näherer Definition bedarf.)
3. Eigenschaft der Identifizierbarkeit
Der Gegenstand, muss eindeutig abgrenzbar von anderen gleichförmigen Gegenständen sein und individuell identifzierbar sein.
4. Eigenschaft der moralischen Neutralität
Das Eigentum begründende Objekt darf nicht zu Lasten bzw. Nachteil Dritter hergestellt worden sein.
5. Eigenschaft der Intention
Der Gegenstand muss in der Absicht hergestellt werden, dass Eigentum daran möglich ist.
6. Eigenschaft der Unpersönlichkeit
Eigentum darf keinen Personencharakter haben, sonst wäre die Sklaverei gerechtfertigt.
7. Eigenschaft der Monopolisierbarkeit
Es muss ein alleinigen Bestimmungsrecht (Bestimmungsmonopol) über den Gegenstand möglich sein.
8. Eigenschaft der allgemeinen Vorteilhaftigkeit
Freiwilliger Austausch von Eigentum muss auf beidseitigem Vorteil beruhen.
Ich halte dies insgesamt für einen sehr interessanten Ansatz zur Eigentumsdefinition, der sicherlich etwas intensiver diskutiert werden sollte. So wird z.B. die Konsequenz, dass durch diese Definition so etwas wie "geistiges Eigentum" ausgeschlossen wird, gewiss zu kontroversen Diskussionen führen.
Aleksander hat zugesagt, dass er diese Eigenschaften zur Eigentumsdefinition hier in Kommentaren weiter erläutern wird.
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Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
wie zugesagt, möchte ich in einer Serie von Kommentaren die Beschäftigung mit dem Eigentumsbegriff motivieren und die obigen Ausschlusskriterien erläutern. Wie schon richtig eingeleitet worden ist, sind die obigen acht Thesen keinesfalls die Definition des Eigentumbegriffs, sondern sie führen zu dessen Begriff, bzw. Begreifung. Insbesondere zeigen sie dessen Grenzen auf.
Gerade die Grenzen eines Objekts definieren seine Existenz. Wann ein Berg oder ein Tal anfängt hängt maßstäblich von dem Betrachter ab und dem Nutzen, den er sich von einer Unterscheidung verspricht. Je besser man daher die Grenzen des Eigentums kennt, desto realer und funktionaler kann er als Begriff werden. Je realer und fassbarer ein solches (wenn auch theoretisches) Objekt ist, desto leichter fällt es dieses Objekt in einer Gruppe von Menschen konsistent zu teilen. Die fortwährenden Diskussionen um geistiges Eigentum, aggressives Eigentum usw., aber auch die Diskussionen um angelehnte Begriffe wie Diebstahl, hängen damit zusammen, dass Eigentum immer noch ein ungenauer Begriff ist. Die vielen Interessenkonflikte, die gerade beim Thema Eigentum eklatant auffallen, verhindern gewissermaßen, dass sich der Eigentumsbegriff ausreichend genau durch bilaterale Gespräche kristallisieren lässt. Eine sachliche und öffentliche Diskussion nach allen Regeln der Philosophie und Ethik ist daher notwendig – besonders dann, wenn das Thema ein großes Streitpotenzial besitzt. Ich denke, dass diese Plattform ein geeigneter Ort für eine solche Diskussion ist, weil sich hierhin offene Menschen begeben, die neue Perspektiven und weitere Horizonte suchen.
Im allgemeinen muss vor einer solchen Diskussion immer die „Kampfarena“ abgesteckt und die „Waffen“ zugelassen werden. Deswegen werde ich in meinem nächsten Beitrag als erstes meine Axiome, Arbeits- und Argumentationsmethodik definieren („Waffen“). Da wir mit dieser Diskussion unweigerlich die Ethik beschreiten, ist dieser Schritt sehr wichtig, denn ein Utilitarist wird anders vorgehen als ein Pflichtethiker, ein Ingenieur anders als Ethiker usw. Abgesehen davon, sollen offensichtliche handwerkliche Fehler nach Möglichkeit frühzeitig vermieden oder doch wenigstens nachträglich gefunden werden.
Im dem Beitrag danach werde ich aufzeigen für was und für wen der Eigentumsbegriff nützlich ist und in welchem Kontext „Eigentum“ diskutiert werden sollte („Kampfarena“).
Anschließend werde ich acht separate Beiträge schreiben, die sich einzeln mit den acht Thesen beschäftigen.
Zum Abschluss dieser Reihe werde ich ein Fazit ziehen.
Ein Wort der Vorwarnung sei hier angebracht: Ich selbst bin kein Ethiker oder Philosoph. Ich kann daher bei meiner Diskussion nur begrenzt auf entsprechende wissenschaftliche Literatur zurückgreifen. Ohnehin sehe ich das für nicht zwingend erforderlich, da ich meine Thesen von ersten Prinzipien ableiten werde.
MfG.
Aleksander Lodwich.
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
bevor wir mit der Diskussion um die acht Thesen beginnen, will ich auf meine Argumentationsmethodik eingehen. Die Klärung erfolgt gleich mehreren Zielen. Zum einen wissen Sie sofort auf welche Art von Text und Inhalt sie hierbei stoßen werden und zum anderen kann man systematisch die Argumente evaluieren.
Die angeführten Argumente, Thesen und Axiome erheben leider keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da sie durch Empirie motiviert sind. Im Allgemeinen sind empirische, normative und logische Argumente zu erwarten.
Das Ziel der Argumentation in dieser Serie ist es einen kohärenten, systematischen Bereich für den Eigentumsbegriff abzustecken. Ob Eigentum nach heutigem Verständnis gut oder schlecht ist, oder etwas dazwischen, das lässt sich ohne eine unterliegende Theorie schwer beantworten, denn Eigentum nach heutiger Rechtssprechung spiegelt eine Mischung fortschrittlicher und rückschrittlicher Eigentumsdefinitionen wieder. Aus der Perspektive des Einzelnen mag diese oder jene Facette gerade praktischer oder nützlicher erscheinen. Gerechtfertigt werden sie sehr häufig dadurch, dass unsere moderne Gesellschaft ohne sie so nicht möglich wäre. Da unsere (speziell westliche) Gesellschaft nicht gerade ein Musterbeispiel für einen fairen Ausgleich, Beteiligung und Chancengleichheit darstellt, wird es schwer eine derart abduktive Beweisführung für die gute Qualität des (westlichen) Eigentumsbegriffs zu führen.
Den Ansatz, den ich hier wähle ist es eine Theorie für die Eigentumsgrundlage zu geben, dann Situationen aufzuzählen, in denen die Frage „Eigentum: Ja oder Nein?“ eine wichtige und entscheidende Rolle einnimmt, und unter der Berücksichtigung einer noch zu definierenden Zielnorm zu entscheiden, auf welcher Seite der Eigentumsbegriff akzeptiert werden kann. Man kann sich das wie ein konvexes lineares Optimierungsproblem vorstellen, bei dem die acht Thesen wie Randbedingungen fungieren, die einen Simplex für den Lösungsraum abstecken: Anhand jeder Randbedingung entscheidet man, wo der Lösungsraum liegen müsste. Genau wie im mathematischen Pendant ergibt sich eine gültige Lösung nur dann, wenn alle Einschränkungen respektiert wurden.
Dies stellt einen Kontrast zu dem sonst üblichen Ansatz der Abwägung dar. Gerade in der Gesetzgebung wird oft abgewogen zwischen Vorteilen und Nachteilen einer gewissen Regelung – Das gilt auch für Eigentum. Der rechtliche Eigentumsbegriff konnte sich daher nie sehr weit weg von den Besitzverhältnissen entfernen. Es ist eine sehr häufige Heuristik bestimmte Eigenschaften gegeneinander abzuwägen. Dann spielen aber auch inhaltlich fremde Gedanken eine Rolle, wie politische Durchsetzbarkeit oder technologische Entwicklungswünsche usw. Abwägen ist immer dann notwendig, wenn die Begriffe und die sich dahinter verbergenden Konzepte und Zielvorstellungen schwammig sind. Auf die Spitze getrieben bedeuten Ergebnisse aus Abwägungen fast immer Paradoxe. Der von mir verfolgte Ansatz ist jedoch von solchen fachfremden Überlegungen frei und garantiert scharfe Entscheidungsgrenzen für oder wider die Möglichkeit eines Eigentumsanspruches.
Wie alles, was mit Epistemologie zu tun hat, kann man hierbei nicht völlig normfrei argumentieren, denn wir sind frei Begriffe zu definieren oder sogar mehrfach mit Bedeutung zu überladen. Ich werde daher im Verlauf des Diskurses auf eine möglichst genaue Einschränkung von Wortbedeutungen achten. Andererseits möchte man auch nicht normfrei argumentieren, da das Ziel dieses Diskurses nicht etwa eine Erklärung für den Status Quo sein soll, sondern weil man die Frage beantworten will, wie wir in Zukunft „besser“ zusammen leben kann.
MfG.
Aleksander Lodwich
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
in diesem dritten Teil will ich klären aus welcher Perspektive ich den Eigentumsbegriff diskutieren will. Dies entspricht der vorher erwähnten „Kampfarena“.
Wenn im Folgenden von Eigentum gesprochen wird, dann beschränkt sich dieses Wort auf ein Konzept des Rechts, ein Konzept des ausschließlichen Bestimmung über das eigentümliche Objekt. Ein solcher Eigentumsbegriff wird hier nicht gänzlich durch das Wort „mein“ erfasst und alle seine subjektiven Spielarten, wie z.B. fortlaufende Nutzungsbestimmung durch Gewohnheitsrecht. Sehr häufig wird Eigentum ganz naiv von der sprachlichen Wendung des „mein“ abgeleitet. Wenn man also sagt, das ist meine Familie, meine Straße, meine Frau, mein Land, mein Betrieb usw., dann ist das ein Ausdruck der sozio-ökonomischen Zugehörigkeit, nicht etwa Ausdruck eines exklusiven Alleinbestimmungsrechts. Historisch gesehen wurden hierfür jedoch in der Vergangenheit exklusive Alleinbestimmungsrechte konstruiert. Bei den Römern waren Kinder Eigentum, Frauen epochenweise auch. Während des Kommunismus oder Absolutismus besaß die Partei, der Kaiser oder der König den gesamten Staat. Produktive Einrichtungen werden bis heute in der Regel als Eigentum konstituiert. Diese Art von Eigentum drückt eine soziale Vormachtstellung aus. Liegt eine solche Art von Eigentum vor, dann kann man noch vor der gemeinten Person exklusiv bestimmen, was sie tun oder unterlassen soll. Diese Art von Eigentum ist typisch für feudale Gesellschaften, Gesellschaften mit Sklaven und Leibeigenen usw. Diese Art des Eigentums wird gemeinhin als schädlich und ablehnenswert angesehen. Man sagt auch häufig das ist „mein“ Auto, „mein“ Bus usw. auch wenn es geliehen oder einfach Familien- oder Gemeineigentum ist. Deswegen unterscheide ich im Folgenden auch „Besitz“ und „Eigentum“, weil aktuelle Nutzung sinnvollerweise in der Gesetzgebung getrennt von einem anerkannten Nutzungsbestimmungsrecht betrachtet wird.
Was wir hier stattdessen suchen ist ein Eigentumsbegriff, der sich an ökonomischen Gesichtspunkten orientiert und wir setzen voraus, dass Macht unter den Mitgliedern gut verteilt ist. Es gibt also keine „besseren“ Menschen. Wir sprechen hier also von der Frage, wie man einen Eigentumsbegriff formen kann, der sicherstellt, dass seriell nutzbare Ressourcen zu allgemeiner Zufriedenheit einer Gruppe gleichberechtigter Mitglieder auch seriell und wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden.
Als Grundlage muss man definieren was „allgemeine Zufriedenheit“ ist, damit eine Gruppe einen darauf gebildeten Begriff akzeptieren kann. Eventuell suchen wir einen Begriff, der die individuelle Freiheit oder die wirtschaftliche Leistung maximiert und sollte auf etwas bauen, das der Mensch (oder jedes andere abstrakte Wirtschaftsmitglied) universell als Grundlage mitbringt.
Eine Möglichkeit den Eigentum zu begründen liegt in der Arbeitszeit. Zunächst ist Zeit ein Kernstück der Ökonomie, in der es darum geht begrenzte Ressourcen zu größtmöglichem Nutzen einzusetzen. Es geht hierbei aber nicht um die Idee einer maximalen Leistung. So kann z.B. ein langsamer Fertigungsprozess den größten Ertrag liefern usw. Übertragen auf Arbeitszeit bedeutet das, dass man den Nutzwert aus verfügbarer Arbeitszeit maximiert, nicht etwa darum verfügbare Arbeitszeit zu maximieren/minimieren oder den Mehrwert pro Arbeitszeiteinheit zu maximieren. Arbeitszeit ist für jeden Menschen universell verfügbar, und ist wertvoll, da sie von einer absolut begrenzten (aber unbekannten) Menge der totalen Arbeitszeit bestimmt ist und persönliches Glück und Wohlstand hängt von dem Produkt der Arbeit ab. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass die Auswirkungen der Arbeit, die während der Arbeitszeit geleistet wird, unabhängig von allen anderen Gruppenmitgliedern der zu akzeptierenden Norm ist. Damit wird es akzeptabel zu fordern, dass eine Person aus dem exklusiven Bestimmungsrecht über sich selbst und die eigene Arbeitszeit ein exklusives Bestimmungsrecht auf das Produkt daraus erheben darf. Die Unabhängigkeit der verrichteten Arbeit garantiert, dass das Produkt sich nicht abträglich auf die Lebens-, Wohlstands- und damit Glückschancen der anderen Mitglieder auswirkt. Die Frage nach Eigentum entspringt auch nur unter der Voraussetzung, dass nur eine serielle, also exklusive Nutzung möglich ist. Ihre Nutzung kann also aus ökonomischer Sicht auch nur zentral gesteuert werden. Wer oder was diese zentrale Nutzungsbestimmung vollführt, regelt also unser Eigentumsanspruch.
Man geht also bei dem hier verstandenen Eigentumsbegriff davon aus, dass bei der Erschaffung von Eigentum ein Erhaltungssatz gilt, bei dem eine begrenzte, nur seriell verfügbare Ressource (Arbeitszeit) in eine andere begrenzte, nur seriell nutzbare Ressource (Produkt) umgewandelt wird, die genauso unabhängig und unschädlich ist wie das Ausgangsprodukt. Dies garantiert, dass in jeder erdenklichen finiten Wirtschaftskonstellation und den darin möglichen Tauschvorgängen der aus Arbeitszeit generierte Nutzwert ebenfalls finit und friedlich ist. Dies wiederum ist als Anreiz für weitere Leistung unentbehrlich und garantiert vor allem, dass Forderungen nicht über das tatsächlich vorhandene hinauswachsen.
Wie jedes Objekt wird Eigentum nicht nur durch seine Attribute und Werdegang definiert, sondern auch durch die damit verbundenen Handlungsmöglichkeiten. Erst durch die Handlung beginnt Eigentum so richtig für die Ethik interessant zu sein. Die Übertragung von Eigentumsrechten gilt hier also als wichtiges Bestandteil des ökonomischen Eigentumsbegriffs. Wann ist also eine Übertragung möglich? Zunächst wird man Freiwilligkeit unterstellen müssen. Freiwilligkeit ist schon hinreichend, um z.B. die Schenkung zu rechtfertigen. Der Austausch von Eigentumsrechten ist gerechtfertigt und geboten, wenn er zu einer Arbeitszeitersparnis auf beiden Seiten führt, dritte nicht berührt und der Austausch im gleichberechtigten Sinne freiwillig erfolgt. Im „gleichberechtigten Sinne“ bedeutet, dass keine andere Machtquellen außer des intrinsischen Vorteils aus der Handlung existieren. Das schließt Erpressung aus.
Ich denke, damit hat man ein gewissermaßen halbwegs begründeten und eng gefassten Eigentumsbegriff entwickelt. In den nächsten acht Kapiteln werde ich dieser trockenen Darstellung etwas mehr Substanz verleihen.
MfG.
Aleksander Lodwich
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
in diesem Abschnitt möchte ich die Eigenschaft der gerechtfertigten Quelle diskutieren.
Unter der Eigenschaft der gerechtfertigten Quelle versteht man die Einschränkung, dass nur aus dem direkten Einsatz einer begrenzten Arbeitszeit aus einem verfügbaren Wirtschaftspool ein Eigentumsanspruch erwächst. In Umkehrung bedeutet das, dass Eigentumsansprüche nicht auf Mittel (allg. Entitäten mit nicht zeitlich abschließender Existenz) zum Eigentumserwerb ausgedehnt werden können. Das Ziel dieser Regelung ist es die Möglichkeit in einer Wirtschaft auszuschließen, dass Eigentum sich destruktiv auf die Lebensumstände der an der Wirtschaft beteiligten Personen auswirkt. Davon leiten sich die bereits erwähnten Anforderungen an die Unabhängigkeit und Friedlichkeit des Eigentums ab.
Dieses Prinzip soll sowohl für Individuen als auch für Gruppen gelten, in Abhängigkeit davon ab welcher Konglomerationsgröße die Zuordnung der Arbeitszeit eindeutig wird. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass die Grundlage für Eigentum im vorherigen Kapitel so festgelegt worden ist.
In gewisser Weise handelt es sich dadurch natürlich um eine Tautologie; eine Wiederholung der im vorhergehenden Kapitel formulierten Prämisse, die, wie ich meine, ein allgemein akzeptables Axiom darstellt. Das Ziel der acht Thesen dient dem Zweck Eigentumsansprüche eindeutig zu identifizieren. Es ist daher nützlich die axiomatische Grundlage zu wiederholen.
Es lohnt sich jedoch zu betrachten, was passiert, wenn man das nicht so strikt einschränkt. Was ist die Folge, wenn Eigentumsanspruch auf Nicht-Arbeitsgüter ausgedehnt werden kann, wie z.B. alle Arten von Naturressourcen, wenn also Eigentum durch anderweitigen Anspruchsprinzipien begründet wird, wie z.B. auf dem Prinzip der primären Zugangskontrolle.
Darüber hinaus möchte ich in diesem Kapitel die Folgen pragmatischer Eigentumsfestlegung diskutieren, da die Pragmatik häufig darin besteht Eigentum auf Objekte zu gewähren, die nicht der Forderung der gerechtfertigten Quelle entsprechen. Warum dies praktisch ist und welche Alternativen zum dauerhaften Nutzungsbestimmungsprivileg es gibt soll auch diskutiert werden.
Setzen wir uns also mit den Folgen einer Wirtschaft auseinander, die Eigentum nicht auf Grundlage von Arbeitszeit begründet. Als erstes fragt man sich, ob dies überhaupt möglich. Schließlich steckt es tief in unseren Köpfen drin, dass man für etwas zunächst arbeiten muss, bevor man es dann später sein Eigen nennen kann. Obwohl genau diese Denkweise dazu geführt hat, dass Sie vielleicht die hier vorgestellte Eigentumsgrundlage, die Arbeitszeit, akzeptiert haben, so wenig hat sie mit der Realität des gegenwärtigen Eigentumsbegriffs zu tun. Sie erinnern sich, dass die Auswahl der eingelegten Arbeitszeit als Grundlage für den Eigentumsbegriff auf der Idee einer intrinsisch verfügbaren begrenzten Ressource stattgefunden hat. Wenn man das breite Spektrum der Erscheinungsformen und Entstehungsarten von Eigentum in unserem Rechtsraum erklären will, dann kommt man nicht umhin sich mit dem Prinzip der primären Zugangskontrolle auseinander zu setzen. Im wesentlichen gilt hier: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das Wort „privat“ kennzeichnet die Anwendung dieses Prinzips, denn privare heißt „für sich berauben“ (Interessanterweise bedeutet „Eigentum“ genau das Gleiche). Konkret bedeutet das, dass Eigentum bei der (Rechts-)Person entsteht, die zuerst auf einen Anspruch auf exklusive Nutzungsbestimmung besteht und in Gewahr des Gegenstands des Anspruchs ist. Obwohl dies zu unserer axiomatischen Grundlage nicht konträrer sein könnte, ergeben sich interessanterweise in der Praxis große Mengen überlappender oder fast überlappender Fälle der Gewährung des Eigentumsanspruchs. Es sind allerdings die Unterschiede, die das Gefühl der Ungerechtigkeit hervorrufen und wiederkehrend zu Diskussionen um das Wesen und Nutzen von Eigentum führen. Zunächst kann man sich fragen, welchen Nutzen die Anwendung eines solches Prinzips denn hat. Die Antwort darauf hat sicherlich viele Facetten, aber einige Kernaussagen kann man durchaus geben.
Zunächst muss man den historischen Kontext verstehen, in dem sich ein Eigentumsbegriff bilden kann. Wie wir besprochen haben, entstehen Normen durch Anerkennung durch eine Gruppe, die sich dadurch wiederum zu einer Normengesellschaft konstituiert. Wenn also vor dem Eigentumsbegriff keine Normengesellschaft existent war, dann musste es bei Fragen exklusiv nutzbarer Ressourcen nur einen darwinistischen Wettkampf gegeben haben. Der Zugang zu Ressourcen wurde mit individuell verfügbarer Gewalt kontrolliert, mit der Konsequenz entsprechender Konflikte in Begleiterscheinung von Gewalt. Die einfachste Methode einen Zustand des Friedens herzustellen erscheint die systematische Akzeptanz der Vorherrschaft des jeweils anderen, die sich eben im Eigentumsbegriff auf Basis der primären Zugangskontrolle niederschlägt. Wer sich wo zuerst der Kontrolle bemächtigen konnte, dem wird sie nicht mehr streitig gemacht. Übertragung von Eigentumsrechten wird dann nur noch durch Anreize motiviert.
Um entsprechende Vorgänge zu beobachten muss man allerdings nicht in die ferne Vergangenheit blicken, sondern auf das tägliche Geschehen im Kinderzimmer achten, wo jede neue Generation die Genese dieses Begriffs einmal durchlaufen muss. Um die Kosten durch Konflikte irgendwann gering zu halten akzeptiert man schließlich die Ansprüche des Gegenüber, um in den Genuss einer Konfliktfreien Nutzung zu kommen (auf die es ja eigentlich nur ankommt). Dieser infantile Eigentumsbegriff trägt gesellschaftlich ziemlich weit, zumal die sozialen Bindungen häufig eine durchlässige Nutzung erlauben. Die wirtschaftlichen Vorteile schlagen sich mit der Zeit in unreflektierten Kulturwerten nieder, die jeder weiteren Generation anerzogen werden.
Zu diesen Kulturwerten gehört zum Beispiel das Gebot der vorteilsfreien Überlassung (heute würde man vom Zinsverbot sprechen) oder dem Gebot, dass man miteinander teilen soll (Häufig missverstanden als das Gebot einer teilweisen Übereignung, obwohl die religiös motivierten Schenkungen und Spenden durchaus auch mathematisch für die Stabilität einer Wirtschaft mit Menschen sprechen). Dass gerade alle Religionen ähnliche Positionen zum Thema Zins, Ressourcenteilung und Entschuldung machen hat nichts mit Naivität oder Infantilität der Religionen zu tun, sondern mit dem Fakt, dass Religionen ein unreflektiertes empirisches Wissen über die erfolgreiche Funktion menschlicher Gesellschaften übertragen. In unserer Diskussion zeigen sie empirisch erprobten Verhaltensgrenzen in einer Normengesellschaft auf, die Eigentum auf Basis primärer Zugangskontrolle anerkennt – Ein Mindeststandard, den praktisch jeder Mensch durch einfache soziale Interaktionen erlernen kann. Ein reiferer, ein erwachsener Eigentumsbegriff, der auf Konzepten der Exklusivität, Serialität, dem Verständnis ökonomischer Aufgaben usw. in dieser Schriftenreihe entwickelt wird, ist zwar wahrscheinlich von einem unschätzbaren Wert und Nutzen für die Gesellschaft, aber er findet noch kaum Anklang, keine potentielle Normengesellschaft, die ihn implementieren würde, weil die Implikationen ganz und gar schmerzliche Lernvorgänge auslösen, vergleichbar mit dem ersten Lernstress, den man sich als Kind antun muss.
Warum also als Erwachsener das Provisorium mit der Folge aufgeben, dass praktisch große Teile des Staates und der Rechtsnormen umgebaut werden müssten? Eine mögliche Antwort lautet: Die religiös festgelegten Grenzen und sozialen Rahmenbedingungen wurden für obsolet erklärt, mit der Folge, dass uns das sture Festhalten am infantilen Eigentumsbegriff vor eine neue Welle gewaltbeladener Konflikte stellt. Insbesondere der neoliberalen Wirtschaftslehre, deren Konklusionen auf handwerkliche Fehler in den Ausgangsgleichungen zurückzuführen sind (siehe die Veröffentlichungen von Jürgen Kremer, Wolfgang Berger oder Steve Keen), ist es zu verdanken, dass das Prinzip der Freiwilligkeit ad absurdum geführt wurde: Demnach sei Eigentum nur gegen zu maximierende Vorteile oder Privilegien zur Verfügung zu stellen und Zwänge seien zu minimieren. Diese Art von Eigentum tritt als das auf, was wir heute das Kapital nennen. Die sozialen und kulturellen Zwänge, die in der Vergangenheit Kapital zum Dienst am Menschen, am Ort und am Herstellungsprozess gebunden haben mögen (Nennen wir es mal den „Dorfkommunismus“) sind in der heutigen Zeit durch Anonymisierung der Gesellschaft und die Pluralität ihrer Kulturen weggefallen. Stattdessen ist es zu einem zweckentfremdeten Wettbewerb und „scheuen“ Kapital gekommen, die sich zusammen destruktiv auf die Gesellschaft auswirken. Der Markt kann es nicht richten, weil in der Tat die theoretisch notwendigen Rahmenbedingungen für Märkte häufig nicht gegeben sind und Märkte können es nicht richten, weil es allgemein aus der üblichen Wirtschaftstheorie bekannt ist, dass ein Markt, der nur auf Freiwilligkeit basiert, den effektiven Zins nicht auf Null bringen kann – es findet also kein systematischer Ausgleich zwischen den Wirtschaftsteilnehmern statt, mit den vielen Folgen der sozialen Benachteiligung und der schlechten Lebensumstände vieler Menschen. Genau aber diese Menschen sollen die herrschenden Eigentumskonzepte akzeptieren? Wohl kaum! Vor diesem Hintergrund versteht man durchaus beide Ansätze dem infantilen Eigentum die Zähne zu ziehen: a) Mengenkontrolle (siehe z.B. emancipare.org oder http://www.meudalismus.dr-wo.de) b) alternative Zwangsmechanismen einführen (siehe z.B. Silvio Gesell und die Natürliche Wirtschaftsordnung oder der Bancor-Plan). Solide Lösungen der Zukunft werden mit Sicherheit beide Elemente enthalten.
Die Entstehung eines solchen Eigentumsbegriffs auf Basis primärer Zugriffskontrolle erscheint also zumindest plausibel. Nimmt man den infantilen Eigentumsbegriff zur Grundlage, dann kann man erklären, warum Eigentum an Boden, Naturschätzen, Rechten und Organisationen gewährt werden kann, obwohl sie nicht direkt durch Arbeit entstehen, sondern durch Erklärung (auch wenn Arbeit eine Beierscheinung ist…). Wer zuerst Anspruch in der Vergangenheit auf diese Güter erhoben hat, hat sie zur Minimierung des Streitpotenzials einfach für immer gewährt bekommen. Dies gilt auch für Arbeitsgüter, denn wer sie herstellt hat auch als erster die Chance den Anspruch darauf zu formulieren. Das ist auch der Grund, warum sich der infantile Eigentumsbegriff in Alltagssituationen häufig nicht von der erwachsenen Variante unterscheidet. Wo es sich unterscheidet, blickt man großzügig über die Problematik hinweg. Ein Beispiel dafür ist durchaus das Unternehmenseigentum. In einem jeden Arbeitsvertrag dokumentiert der Unternehmer seine Vorrechte als Primus (als Erster dabei) am Unternehmen, obwohl ein Unternehmen kaum als ein Unternehmerprodukt, sondern als ein sozialer und ökonomischer Prozess verstanden werden müssen. Der Vorgang wird mit zwei Argumenten gerechtfertigt: 1) Angestellte werden wie externe Subunternehmer betrachtet, deren Arbeit nach marktüblichen Preisen vergütet wird. Dies wird getan obwohl sie Teil einer nicht dividierbaren Einrichtung werden und nicht etwa mit Subunternehmern vergleichbare Rechte genießen. Dadurch, dass die meisten Menschen in organisierter Form zusammenarbeiten müssen, ergibt sich ein de facto Feudalismus, der unsere Demokratie systematisch untergräbt. 2) Die Arbeitsmärkte regeln das schon! Die Arbeitsmärkte arbeiten jedoch den allgemeinen Marktprinzipien entgegen, denn Arbeitsmärkte sind im Vergleich von Warenmärkten grundsätzlich klein. Tatsächlich ist bei Vollbeschäftigung kein Arbeitsmarkt vorhanden. Wenn man davon ausgeht, das nur ein ordentlicher Knappheitspreis der Arbeit die Knappheit der Organisationsstrukturen aufwiegen kann, dann kann man praktisch niemals von einem Marktmechanismus erwarten, dass er eine gerechte Einkommensregulierung vornimmt. Mit bunteren Worten: Die Forderung an die Kombination aus Unternehmensmärkten und Arbeitsmärkten eine Vollbeschäftigung zu generieren ist wie die Vorstellung, dass man zwei infinite Werte von Funktionen mit Polstellen dividieren und als Ergebnis eine rationale Zahl erhalten würde.
Theoretische und politische Ungereimtheiten dieser Art existieren zuhauf, sind jedoch unter den Mythen und Dogmen vorherrschender Ordnung, gängigen Idealbildern, aktuellen Werten und ausgeblendeten Inkonsistenzen unserer Kultur verborgen.
Wir können uns also bis hierher relativ sicher sein, dass unser heutiger Eigentumsbegriff nicht auf Grundlage von Arbeitszeit (oder „Arbeit“) definiert ist und dass diese Grundlage praktische negative Implikationen bedeutet. Diese Negativität entsteht hauptsächlich daraus, dass gerade die zwei wichtigen Punkte der Unabhängigkeit und Friedlichkeit im aktuellen Eigentumsbegriff keine Rolle spielen. Im Kapitalismus wird nämlich nicht die Erschaffung von Eigentum, sondern die Erschaffung von Kapital glorifiziert und kultiviert: Aggressives Eigentum mit hohem abhängig machenden Charakter. Den Ausgleich soll ein labiler Marktmechanismus liefern. Das ist aber so, als ob etwa die Weltdiplomatie Frieden in einer Welt schnell hochrüstender Supermächte bringen sollte. Aus Erfahrung wissen wir, wie Kapitalismus und die genannte Analogie in Wirklichkeit ausgehen: In einer äußerst schmerzlichen und künstlichen Entmenschlichung unserer Lebensumstände.
Dass gelegentlich Eigentum mit Arbeit in Verbindung gebracht wird und entsprechende Richterurteile existieren, bedeutet nur, dass unsere Gesellschaft sich bewegt und einen fortschrittlicheren Eigentumsbegriff entwickelt, nicht aber, dass dies in etwa ein Faktum ist.
Die Maximierung des Friedens durch möglichst frühe Anerkennung von Ansprüchen ist durchaus als ein Ausdruck einer sinnvollen Sicherheitspragmatik zu sehen, die nicht allzu hohe Bildungsanforderungen an die Mitglieder der Normengesellschaft stellt. Jeder, der das zehnte Lebensjahr vollendet hat, kann Eigentum auf Grundlage der primären Zugangskontrolle durch Lebenserfahrung nachvollziehen und akzeptieren.
Es gibt allerdings eine Grauzone, in der tatsächlich beide Grundlagen vermischt werden. Als Ausdruck der oben genannten Pragmatik entscheidet man sich deshalb häufig dafür die Eigentumsansprüche an der weitesten Grenze zu orientieren und damit in aller Regel maßlos zu überdehnen. Die richtige Herangehensweise ist es aber die kleinsten Nenner zu wählen, gemäß technischer Sicherheit für die soziale Konstruktion.
Ein solches Beispiel ist z.B. die Problematik, dass die Herstellung landwirtschaftlicher Produkte Boden benötigt, oder dass die Förderung von Erzen an eine gewisse Örtlichkeit gebunden ist. Noch viel interessanter ist der Fall, wenn man endliche Rohstoffe, wie z.B. Gold verarbeitet. Die gängige Antwort lautet, dass der Eigentum an solchen Ressourcen zunächst einmal die Bewirtschaftung ermöglicht. Was damit aber gemeint ist, ist das überhaupt punktuell entschieden werden kann, was mit der Ressource angestellt wird. Das ist ja auch der Hauptvorteil von Eigentum, nämlich die alleinige Nutzungsbestimmung. Dadurch muss man nicht etwa erst eine globale Einigkeit über die Verwendung hergestellt werden. Im Prinzip behauptet diese Logik, dass der Bauer nur dann den Weizen herstellen kann, wenn er Eigentum am Boden anmelden kann. Die Wirklichkeit widerspricht dem ganz eindeutig. Es gibt genug Land, dass in gepachteter Form erfolgreich bewirtschaftet wird. Ein Argument für den Bodeneigentum ist z.B. dass der Besitzer an Ausbesserungen langfristig interessiert ist, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu gewähren. Die Psychologie funktioniert aber immer dann, wenn man im Wettbewerb steht, nicht erst, wenn man Eigentum anmelden kann. Es ist sicherlich so, dass die Motivation Arbeit zur Wirtschaft beizutragen höher ist, wenn die Gefahr von Verlusten niedrig ist. Es gibt also tatsächlich eine positive Seite.
Man kann jedoch nicht nur die eine Seite der Medaille betrachten. Erst wenn man auch die Nachteile in Erwägung gezogen hat kann man eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob Eigentum an solchen Ressourcen aus ungerechtfertigter Quelle zulässig sein sollte. Ich erinnere, dass die nachstehende Herangehensweise konservativ ist. Wenn legitimes (relativ zu einem spezifischen Wertesystem) Verhalten zu Konflikten mit unseren Zielen führt, dann muss die Legitimation entzogen werden, auch wenn dies unintuitiv wirken sollte. Dies liegt daran, weil hier davon ausgegangen wird, dass Einschränkungen im Bereich des Eigentumsbegriffs, also einem Konzept aus dem intellektuellen Bereich, durch Sicherung einer nachhaltigen Existenzgrundlage überwogen wird.
Wie problematisch eine Eigentumsregelung, die Arbeit nicht als alleinige Grundlage anerkennt, ist, merkt man dann, wenn man einen Schritt zurück geht und sich die Aufgaben, die man an eine Wirtschaft oder Gesellschaft stellt, anschaut. Eine solche Forderung ist z.B., dass es nicht zu Blockaden und Beschädigungen der Ressourcen kommen kann, sonst sind Versorgungsausfälle zu befürchten. Dies ist sinnvoll auch dann zu fordern, wenn die Märkte, so wie die heutigen Märkte, fast ausschließlich Luxusmärkte sind, denn die Grundlage und Zweck einer jeden Wirtschaft ist die Aufrechterhaltung der Physie des Menschen – als Unterstützung im Überlebenskampf verstanden. Wie Sie schon wahrscheinlich jetzt schon intuitiv verstehen, kann eine Wirtschaft aus Mitgliedern ohne Wartungskosten gänzlich unterschiedlich entwickelt werden, dies liegt aber nicht vor.
Was man also als Gesellschaft braucht sind Einrichtungen, die den Gebrauch von Ressourcen nur in einer Richtung zulassen, sehr ähnlich einem Ventil. Ein Ventil wird nur dann gesperrt, wenn der Druck auf der Ausgangsseite höher ist, als auf der Eingangsseite. Das bedeutet, dass man Ressourcen für konkrete Zwecke einsetzt, aber niemals den Fluss der Ressourcen durch die Wirtschaft blockiert, wenn der Eigene Einsatz fällt. Weiterhin ist zu fordern, dass je mehr andere Wirtschaftsressourcen von einer Ressource abhängen, dass der Gegendruck ständig zunimmt und der eigene Einsatz ständig steigt. Unser heutiges Eigentumsrecht funktioniert aber eher wie ein Absperrhahn. Ressourcen werden nicht durch die intrasystemische Kommunikation gesteuert, sondern werden durch externe Größen manipuliert, häufig als Spekulationsblasen oder Hypes bezeichnet. Es ist nicht möglich ein System (z.B ein Wirtschaftssystem) sich selbst regeln zu lassen, wenn kaum oder keine intrasystemische Kommunikation stattfinden kann, wenn also kaum oder kein Eingriff des Systems selbst in das Geschehen möglich ist (Das ist übrigens der Kernwiderspruch der Friedmanschen neoliberalen Wirtschaftslehre, wonach Kapitalismus pur und Markt pur ein optimales selbstregulierendes System ergeben würden).
Man kann also sagen, dass man Eigentum an natürlichen Ressourcen nur in so weit erwerben kann, inwiefern Arbeit daran verrichtet. Wer ein Goldstück aus dem Boden fördert, wer ein Grundstück für die Landwirtschaft rodet, dem dient das Objekt als ein konkreter finiter Nachweis eines finiten Ressourceneinsatzes und ist damit zunächst prinzipiell durch unsere Eigentumsdefinition geschützt. Unsere Definition funktioniert aber auch in die andere Richtung: Ist das Goldstück unter der Erde vergraben oder das Feld wieder überwuchert, dann endet der Eigentumsanspruch. Am Gold selbst oder dem Boden selbst erwirbt man daher keine Eigentumsrechte.
Darüber hinaus kann beobachtet werden, dass die Möglichkeiten Gold zu fördern oder Land zu roden gegenüber der bloßen Anspruchnahme begrenzt sind und es einem einzelnen nicht gelingen wird große Mengen davon für sich selbst zu beanspruchen und dass nach unserem Prinzip es nicht gerechtfertigt ist Eigentum an einfach an gefundenen Goldstücken (oder Kohlestücken) oder einem Stück Wald oder Ländereien anzumelden.
Aus diesen Beispielen wird deutlich, dass die Einführung eines neuen Eigentumsparadigmas plötzlich Geschichte und Zustand des Objekts für die Ermittlung der Eigentumscharakters eine Rolle spielt und dass das neue Paradigma bereits Elemente enthält, die Eigentum die oben genannte und geforderte Ventilfunktion geben, denn Verwahrlosung führt zu Eigentumsverlust. Es funktioniert wie eine Arbeitszeitabschreibung.
Da das hier diskutierte Eigentumskonzept auf der Lebensarbeitszeitverwertung basiert und unsere Ethik über die Nützlichkeit für die Gruppe her konstruiert wird, sind Zwangsvergemeinschaftlichungen nach unseren Grundsätzen bereits dann gerechtfertigt, wenn eine angemessene Entschädigung in Höhe der eingesetzten Lebensarbeitszeit geleistet wird. Es ist in einer monetären Wirtschaft jedoch schwierig dies zu ermitteln und man begnügt sich häufig mit der Zahlung eines Marktpreises. Betrachtet man jedoch den Fall, dass Marktpreise hauptsächlich von Marktmachtfaktoren abhängen, muss man feststellen, dass die Zahlung eines Marktpreises auch eine maßlose Überentschädigung darstellen kann. Dies ist insbesondere bei Kapital (Eigentum mit eigenem Einkommen) der Fall, das bei seinem Einsatz einen Arbeitszeittransfer von der Arbeitsgemeinschaft zum Eigentümer bedeutet. Daraus ergibt sich, dass zumindest bei der Vergemeinschaftlichung (ist nicht unbedingt gleich der Verstaatlichung) großer Pachtgrundstücke oder großer Unternehmen nicht nur Bestimmungsansprüche verloren gehen, sondern dass die Entschädigungszahlung sogar negativ sein kann, d.h. der Eigentümer muss sogar etwas zurückzahlen.
Man kann also feststellen, dass bei der Betrachtung von Eigentum aus dem Blickwinkel eines reiferen Paradigmas im Detail beträchtliche Unterschiede zur heutigen Praxis im Bereich des Erwerbs und des Verlustes von Eigentum gesehen werden können, und dass diese heute stark angegriffen werden würde.
Das Hauptgegenargument gegen die hier vorgestellten Ideen ist, dass Menschen unterschiedlich wertvolle Arbeit verrichten und dass deshalb ein Arbeitszeitausgleich per sé nicht gewünscht sein kann. Die Gegner argumentieren mit dem Wert der Arbeit und es werden häufig einige Beispiele dafür genannt, die belegen sollen, dass die eine Arbeit mehr Wert ist als eine Andere: Z.B. sei die Arbeit eines Unternehmers mehr wert, als die Arbeit der Putzfrau, die in seinem Unternehmen arbeitet. Gerade bei diesem Beispiel wird jedoch ganz klar wie ungenau Menschen doch noch immer über Wirtschaft denken und wie die Begrifflichkeiten doch durch physische Ausstrahlung oder soziale Phänomene moduliert wird. Vorwegnehmend, in diesem Beispiel wird Prominenz und Machtstellung als Wert mißverstanden, als Nutzwert. Dies ist natürlich kulturell eingefärbt, denn es ist uns kulturell überliefert, dass normalerweise angesehene Menschen auch mehr Macht und Einkommen haben – und was normal ist, ist doch wohl auch Sollzustand, oder? Doch wenn man eine stabile Wirtschaft für Menschen schaffen will, die sich an verfügbare Ressourcen und Änderungen in der sozialen Zusammensetzung anschmiegen soll, dann muss man in realwirtschaftlichen, möglichst kulturell freien Zonen verbleiben. Und wenn man dort ist, dann stellt man fest, dass „Wert“ immer nur der *Nutzwert* ist, und dass der Nutzwert, den eine Ware oder Dienstleistung hat nicht global messbar, sondern höchst relativ ist. Die eigene Arbeit ist mehr wert, als die eines anderen und wer keine Süssigkeiten mag, dem ist ein Konditor wertlos usw. Der Markt soll in diesem durcheinander globale Maßstäbe ermitteln, die sich in Preisen niederschlagen. Eine schöne Idee, aber funktioniert das auch im Detail?
Der Markt „löst“ das Problem, indem er Werttransportketten bildet. Was dem Maurer nichts nützt, das nützt dem Lehrer, der wiederum Leistungen vom Maurer bezieht usw. Und obwohl der Markt eher wie ein Graph aus Knoten und Kanten aussieht, stellt man sich den Markt als eine Ursuppe vor, indem einfach die Temperatur durch das hinzuschütten von kaltem oder heißen Wasser kontrolliert werden könnte, ohne zu berücksichtigen, dass es evtl. strukturelle Mängel gibt und dass die Graphenstruktur der Marktwirtschaft nach dem individuellen Nutzwert gestaltet wird und der Ausschluss von Menschen dann eine gültige Strukturenscheidung ist. Und damit kommen wir zu dem Kerndilemma: Wer nicht an den Marktgraphen angeschlossen, oder sogar passend vernetzt ist, der ist nichts wert. Dies steht aber der ursprünglichen Denkweise Menschen als Ressourcen in einer Wirtschaft zusammenzuschließen und die Versorgung ihrer zu leisten aber ganz entgegen. In dem man die sog. „Faulen“ oder „wenig Werten“ noch weiter wegoptimiert, führt das zwangsläufig zu einer realwirtschaftlichen Schrumpfung, auch wenn die geleistete Arbeit erst einmal konzentriert wird und sich womöglich bei der noch angeschlossenen Gesellschaft die Illusion eines Wohlstandszuwachses ergibt, die sie paradoxerweise in ihrem Glauben an die Richtigkeit ihrer Entscheidungen bestärkt. Dies ist der aufkeimende Elitarismus, der moderne Feudalismus.
Darüber hinaus wird auf den deregulierten Märkten nur der Fluss des aktuell verfügbaren Nutzwertes optimiert. Wer zum Zeitpunkt t=1 in der Werttransportkette statt auf die maximale Ausbeute der Verhältnisse eine nachhaltige Strategie vorlegt, der wird zum Zeitpunkt t=2 vielleicht keine Chance mehr bekommen am Markt teilzunehmen. Wer ineffizient ist, der wird ausgeschlossen. Daher haben Lehrlinge und Schüler keinen „Wert“ und werden geringfügiger oder gar nicht bezahlt, obwohl gerade nur diese eine Flexibilität des Unternehmens garantieren. Arbeitslose haben keinen „Wert“. Erfinder, auf die wir alle so stolz sind, arbeiten häufig genug ohne Unterstützung usw. Was ist mit dem, der langsamer, aber gründlicher arbeitet? Wie sieht es mit dem Wert zwischen dem Genius-Ingenieur und dem Teamworker-Ingenieur aus? Arbeit lässt sich in dutzenden Dimensionen bewerten, aber das günstigste Maß bestimmt immer der Stärkere. Man begreift es jetzt, dass unsere Wertvorstellungen von der Arbeit anderer auf sehr wackeligen Füßen stehen, es sind Vergleiche zwischen Äpfeln und Birnen und Intuition hilft uns nicht weiter.
Machen wir uns also nichts vor: Wenn also die Putzfrauen ihre Arbeit im Unternehmen niederlegen würden, wenn die Toiletten unbenutzbar wären und der Boden zugemüllt wäre, dann hätte das Unternehmen eine hohe Fluktuation, hohen Krankheitsstand, niedrige Effizienz und man könnte keinen Kunden einladen. Das Unternehmen wäre schnell bankrott. Realwirtschaftlich gesehen ist also die Arbeit der Putzfrau genauso wichtig für das Unternehmen, wie die Tätigkeit des Unternehmers, die darin besteht eine Vision zu liefern und Kunden zu akquirieren. Doch die Putzfrau ist angeblich „ersetzbar“ (natürlich nur durch eine andere Reinigungskraft) und damit ist ihr Wert durch die Konstellation auf dem Markt definiert, nicht einmal mehr durch ihren eigentlichen Nutzwert.
Das bedeutet in aller Deutlichkeit: Je wichtiger bestimmte Fähigkeiten für eine produktive Gesellschaft sind, desto häufiger werden diese anzutreffen sein. Je häufiger diese anzutreffen sind, desto niedriger wird ihr „Wert“ bemessen – Ein Paradox der Märkte, das seinen Höhepunkt in der gängigen Knappheitstheorie wiederfindet. Dieses Paradoxon führt dazu, dass der Kapitalismus eine stetige Mangelwirtschaft ist, keine Wohlstandswirtschaft, wie immer behauptet. Wer die Knappheit der Güter und Leistungen wirksam verringert, der gilt bald als nichts mehr Wert. Ein Mensch darf nur dann weiter arbeiten, wenn seine Arbeit auch gleichzeitig zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse innerhalb der Wirtschaft führt, eben einer künstlichen Verknappung auf der anderen Seite. Dies schlägt sich in dem stets positiven Zinsfuß auf Kapital nieder. Eine deregulierte Marktwirtschaft ist daher stets eine monopolisierende Wirtschaft.
Schaut man sich die globale Produktionsgesellschaft an, dann wird man feststellen, dass die allermeisten von uns daher nie das Sediment des Wohlstands verlassen werden, es sei denn wir revidieren unsere naive Vorstellungen von Wirtschaft und eben Eigentum. Während wir noch vor Jahren in Deutschland oben in dem neoliberalen Pyramidenspiel gespielt und uns daher ideologisch und theoretisch ausgeruht haben, führt die Globalisierung immer mehr Menschen aus Deutschland immer näher dem allgemeinen Durschnitt in der Welt entgegen: Viele absolute Verlierer, sehr wenige Gewinner.
Wenn also die gängige marktbasierte Nutzwertbetrachtung keinen Maßstab für den Wert für Arbeit liefert und wenn sie keine nachhaltige Wirtschaftsordnung fördert, dann kann man durchaus sich auf den den hier vorgestellten Standpunkt stellen, dass Arbeitszeit in einer Wirtschaft paritätisch ausgeglichen werden muss. Dies stellt auch einen soliden Design-Standpunkt für ein Wirtschaftskonzept dar, ganz im Gegensatz zu unserem „Es passt schon alles irgendwie von alleine“. Dieser Standpunkt rechtfertigt dann aber das oben dargestellte Eigentumsparadigma und seine Implikationen, auch wenn sie teilweise erheblich von unserem gewohnten und anerzogenen Eigentumsverständnis abweichen.
ACHTUNG!
Passend zur meiner Konklusion findet sich ein Interview mit Prof. Dr. Dietrich hier:
http://nuoviso.tv/interviews/interview-mit-prof-dr-heinz-dieterich.html
Beachten Sie das Petersche Äquivalenzprinzip, das dem hier diskutierten partitätischen Arbeitszeitausgleich entspricht.
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
in diesem Kapitel soll die Eigenschaft der Zählbarkeit, bzw. die Eigenschaft der Quantifizierbarkeit diskutiert werden. Es handelt sich um eine recht einleuchtende Eigenschaft, die einfach zu erkennen ist und deren Verletzung relativ einfach nachzuvollziehende Implikationen bedeutet. Daher wird dieses Kapitel nur kurz behandelt.
Bei der Quantifizierbarkeit geht es um die Tatsache, dass die Eigentumsdeklaration an eine finite arbeitsrelevante Größe gekoppelt ist und sich später nicht verändert. Aus philosophischer Sicht ist Existenz einer Entität durch ihre Möglichkeit der Demarkation gekennzeichet und kann d.h. ordentlich gezählt oder mengenmäßig beschrieben werden. Die Quantifizierbarkeit ist damit auch ein Test auf Existenz eines alleinstehenden Beweises für Arbeit (und damit aufgewandter Arbeitszeit). Sie sorgt dafür, dass Eigentumsansprüche, d.h. die exklusive serielle Nutzungsbestimmung auch bei einer einzelnen (natürlichen oder juristischen) Person liegen kann. Das Übertragen von Eigentumsrechten setzt diese Eigenschaft voraus und ist der Grundstein für die Handelbarkeit.
Handelbarkeit ist ein Konzept für den Arbeitszeitaustausch. Das Ziel vom Handel ist es alle wirtschaftlichen Optimierungspotentiale durch Eigentumsreallokation maximal auszubeuten. Dies ist nur möglich, wenn die lokalen Konfigurationsmaxima auf maximale Werte getestet werden können und das ist bei nicht zählbaren Eigentumsansprüchen nicht möglich (das ist z.B. bei allen Rechtsgütern der Fall), denn das Testen erfolgt durch den Bewirtschaftungsprozess dynamisch, nicht etwa direkt durch das kaufmännische Kalkül. Mit anderen Worten untergraben nicht zählbare Eigentumsformen, wie z.B. Informationseigentum auf Basis vom Urherberecht, wesentlichen Prinzipien einer Marktwirtschaft und schaffen „schwarze Löcher“ für den Optimierungsprozess aus dem es sich nicht mehr selbst heilen kann. Nicht zählbare Eigentumsformen stellen lokale Polstellen dar, die in aller logischen Konsequenz gegen infinit entlohnt werden müssen, weil deren Grenznutzen nicht erreicht werden kann. Dieses Problem besteht darin, dass das Ergebnis von Arbeit die (nicht im marktrelaventen Sinne zählbare) Information ist (die Menge ist nämlich immer nur 1), die eine konzeptionelle Klasse von Konfigurationen (Kopien) darstellt. Hier wird Eigentum also nicht nur über die Dinge, sondern gleich über ganze Klassen von Dingen gespannt.
Die Anwendung dieses Prinzips bedeutet aber auch, dass insbesondere auf Qualitätsverbesserungen basierende Dienstleistungen keinen Eigentum am Ergebnis begründen. Deswegen würden im Falle eines Rechtsstreits Zeugen befragt und Verträge konsultiert werden um die Frage der Schuldigkeit zu klären. Diese Frage ist jedoch keine Eigentumsfrage.
Die Anwendung dieses Prinzips bedeutet aber auch die Unmöglichkeit des Zinses oder Mieten, da der geschlossene Vertrag einen Tausch eines nicht näher quantifizierbaren Eigentumsvolumens bedeutet, sondern nur ein Mindestverhältnis vorsieht, von dem eine Seite Null sein kann. Aus dem Eigentum an einem solchen Vertrag alleine lassen sich daher Eigentumsansprüche auf die Zins- oder Mietzahlungen nicht ableiten. Die staatlich erzwungene Erfüllung solcher Verträge ist das Fundament für eine fortschreitende Divergenz zwischen dem Zuordnungsmodell (formale Wirtschaft) und der Realität (Realwirtschaft) und muss daher strikt abgelehnt werden, wie die aktuelle Wirtschaftskrise beweist.
Liebe Grüße.
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
in diesem Abschnitt will ich die Eigenschaft der Identifizierbarkeit diskutieren. Diese Eigenschaft besagt, dass Eigentumsansprüche nur dann bestehen können, wenn unterworfene Objekte eindeutig identifiziert werden können. Die Identifizierbarkeit verlangt jedoch nicht, dass man Eigentum unmittelbar kennen muss. Bei der Forderung nach Identifizierbarkeit ist eine Prinzipielle Eigenschaft gemeint, wonach Eigentum Alleinstellungsmerkmale besitzen muss, damit die historisch zusammenhängende Alleinbestimmung durch eine Sittengemeinschaft sanktioniert werden kann. Eigentumsforderungen müssen daher konkret benannt werden, ohne der Addition von aleatorischen oder probabilistischen Elementen. Die Anwendung strikter Logik auf wahrscheinliche Erscheinungen ist nämlich nicht möglich und strikte Logik sehe ich als einzige allgemein akzeptierbare Voraussetzung für gruppenweit gültige Entscheidungen. Bewegt man sich nämlich aus der klassischen Logik heraus, dann gibt es mehr als eine Logikerweiterung, um die Unsicherheiten zu modellieren. Die Forderung nach Identifizierbarkeit ist daher weniger aus der Sicht des Eigentümers von Bedeutung, sondern mehr aus der Sicht der Gerichtsbarkeit und der Verantwortung aus der Nutzung zu verlangen.
Oberflächlich betrachtet verlangt Identifizierbarkeit scheinbar die gleichen Eigenschaften wie Zählbarkeit, denn auch die Feststellung von Alleinstellungsmerkmalen erfordert die Abgrenzbarkeit von Merkmalen. Doch während die Quantifizierbarkeit eine direkte Eigenschaft aus dem Einsatz ökonomischer Ressourcen verlangt, trifft das auf die Identifizierbarkeit nicht zu. Man kann durchaus davon ausgehen, dass Quantifizierbarkeit die Identifizierbarkeit impliziert, es handelt sich jedoch um keine vollständig überlappende Eigenschaften, weshalb ich eine gesonderte Nennung der Identifizierbarkeit vornehme. Wenn z.B. ein Software-Programm nicht im ökonomischen Sinne quantifizierbar ist, so kann es trotzdem als Entität identifiziert werden.
Sei dies an einem einfachen Beispiel: Nehmen wir an wir hätten mehrere Arbeiter, die Schwefelerz aus dem Boden reißen würden und auf einer gemeinsamen Halde sammeln würden. Nehmen wir ferner an, dass jeder Arbeiter schriftlich nachhalten würde wieviele Kilogramm er zur Halde beigetragen hat. Dies ist reichlich unrealistisch, da Schwefel fördernde Arbeiter i.d.R. Keine Ausbildung und keine Zähne haben, aber nehmen wir es mal an. Dann müssen wir feststellen, dass obwohl das Ergebnis quantifizierbar ist, kein Eigentumsanspruch auf irgendeinen Schwefelbrocken speziell erhoben werden kann, weil nicht mehr festgestellt werden kann welcher Brocken individuell zu welchem Arbeiter gehört. Eigentum im vorher definierten Sinne als Rechtstitel an der Sache erlischt. Eine faire Verteilung der Ausbeute oder Hergabe von Brocken muss dann mittels anderer Verfahren erfolgen als durch den Eigentumshandel.
Grundsätzlich verlangt die Eigenschaft der Identifizierbarkeit, dass Eigentumsforderungen konkret und nicht diffus sind. Demnach können die USA trotz Doktrin weder Ansprüche auf den Weltraum machen noch war der Anspruch der Spanischen Krone auf die Ländereien in Südamerika jemals von moralisch relevanter Natur und müssen wohl als alberne Anekdoten in die Geschichte eingehen. Machtpolitisch wissen wir aber aus der Geschichte, dass solche Forderungen alles andere als lustige Anekdoten waren. Insofern hängt von der Beachtung dieses Grundsatzes durchaus mehr ab, als nur die richtige Aufteilung vermengter Waren, sondern Missachtung kann durchaus schweren Unfrieden verursachen.
Liebe Grüße.
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
dieses Kapitel widmet sich vielleicht der wichtigsten Eigenschaft von Eigentum, wie sie wahrscheinlich mit „Eigentum verpflichtet“ im Artikel 14 GG gemeint ist: Das ist die Eigenschaft der moralischen Neutralität.
Im wesentlichen besagt diese Eigenschaft, dass der Anspruch auf die Durchsetzung von Eigentumsrechten dann endet, wenn der Besitz dadurch andere in moralische Zwickmühlen, soziale Ausgrenzung, politische Benachteiligung oder in die Gefahr für Leib und Leben drängt (und sei es durch fehlendes Arbeitseinkommen). Hier wird die Annahme gemacht, dass der Mensch alleine nicht überleben kann. Er muss genug Arbeitszeittransfer in die einbettende Gesellschaft leisten, damit sie ohne Spannungsrisse überleben kann. Spannungsrisse äußern sich dann z.B. in von Gewalt begleiteten Protesten, Übergriffen auf Eigentum usw., die dann zu praktischen Einschränkungen der Grundrechte, wie z.B. der Bewegungsfreiheit, führen.
Es ist genau die Forderung dieser Eigenschaft, die den kategorischen (z.B. Verbot von Kriegswaffen) und den graduellen Besitzverbot (z.B. auf Drogen) aber auch die nachträgliche Enteignung (Verstaatlichung von Land, Unternehmen, Patenten usw.) rechtfertigt.
Der Artikel 14 GG sagt im wesentlichen das Gleiche aus: „Setze dein Eigentum erkennbar für das Allgemeinwohl ein, sonst wird es dir entrissen.“ Damit ist das Gewinnstreben an sich nach dem Grundgesetz der BRD eben nicht legitim; oder legitimiert zumindest nicht die staatliche Sanktionierung von Eigentumsrechten. Ein aus dem Gewinnstreben generiertes, das über den herkömmlichen Eigenbedarf hinausgehende Eigentum, das insbesondere Macht über andere vermittelt, anderen Menschen das soziale Netz zerreißt (wie auch immer, aber sichtbar), prekäre oder gefährliche Arbeitsverhältnisse schafft, sie direkt oder indirekt bedroht (wie z.B. Atomkraftwerke), ist keineswegs automatisch und uneingeschränkt von unserem Staat (und grundsätzlich von jeder zur „Selbstheilung“ fähiger Gesellschaft) zu respektieren. Das bedeutet, dass Eigentum, trotz der am sonsten sinvollen Verankerung, nicht vor dem Gesetz gleich ist. Anders: Nicht jedes Arbeitsergebnis wird gleich stark geschützt. Besitzer von Eigentum sind daher nicht gleich vor dem Gesetz! Das heißt, dass je mehr Eigentum man angehäuft hat, desto wahrscheinlicher und notwendiger ist es, dass man Begrenzungen und Enteignungen über sich ergehen lassen muss.
Gesellschaften, die die Gleichheit vor dem Gesetz und das kapitalistische Wirtschaftsprinzip noch prinzipieller beachten als die moralische Neutralität von Eigentum, werden zwangsläufig die Konfliktpotenzialle wie ein Akkumulator aufladen.
Warum? In einer kapitalistischen Wirtschaft dient Eigentum nämlich als Hebel, um sich einen Einkommensvorteil gegenüber den Anderen zu verschaffen und bedient damit ganz primitive Vorlieben des wirtschaftlich agierenden Individuums. Wenn die Erschaffung von Eigentum (und das ist das Einkommen) tatsächlich so leistungsabhängig von der eigenen Person (und damit so unabhängig von den anderen) ist, wie häufig aus der neoliberalen Ecke proklamiert wird, dann kann man sich nicht erklären, wie der entfesselte Wettbewerb (also Wettkampf, Kampf gegen einander) da ins Konzept passt, da schlichte kollaborative Wirtschaftskonzepte völlig ausreichen würden. Von Wettbewerb sprechen wir aber nur deswegen, weil Einkommenssegmente umverteilt werden sollen und der resultierende Verteilungsschlüssel durch herrschende Machtverhältnisse bestimmt wird. Eigentum ist nach unserer in den ersten Abschnitten erbrachten Definition die Macht der Zugangskontrolle zu bestimmten Ressourcen. Insofern bestimmen das Eigentumsverhältnis zwischen den Gesellschaftsmitgliedern ganz natürlich deren künftiges Einkommen. Das systematische Mißverhältnis der Einkommen ist unter dem Begriff „Zins“ zusammenzufassen. Mit anderen Worten: In der kapitalistischen Wirtschaft GEHT ES DARUM den anderen etwas wegzunehmen, lediglich ohne dabei geltendes Recht zu tangieren oder sogar es dazu zu mißbrauchen. Das akkumuliert natürlich irgendwann die Arbeitserträge bei wenigen bis eklatant sichtbar wird, dass dies nichts mehr mit ihrer persönlicher Leistung zu tun hat. Um den dann auftretenden Konflikt zu verstehen muss man feststellen, dass die Rechtmäßigkeit von großen Eigentumskonzentrationen sich nicht ultimativ aus der Einhaltung von Gesetzen ergibt, sondern dass die Rechtmäßigkeit von eben den Gesetzen sich aus dem Fehlen großer Eigentumskonzentrationen ergibt, da das demokratische Prinzip eine große Machtstreuung (und damit Eigentumsstreuung) verlangt. In einer sich selbstheilenden politischen Landschaft, nennen wir es mal Demokratie, packt daher die Eigenschaft der moralischen Neutralität sehr hart zu und „aggresives“ Eigentum wird z.B. belastet, reglementiert, vergemeinschaftlicht oder zerstört und GLEICHZEITIG werden neue Regelungen geschaffen, die die Bildung solcher Konzentrationen ERSCHWEREN. (Anhand der groß geschriebenen Begriffe verstehen Sie, warum die heutige, genau diesen Forderungen entgegen gerichtete, weil neoliberale Wirtschaftspolitik keinen Erfolg hat und unsere Probleme vergrößert!)
Betrachtet man im Spiegel moralischer Neutralität Beispielhaft das Aktiengesellschaftenrecht oder das über Unternehmen herrschende Recht im allgemeinen, dann stellt man fest, dass die daraus herauswachsenden, allein auf Profit ausgerichteten Organisationen ganz eklatant diesem Grundsatz widersprechen. (Der Grund, warum derzeit dieser Widerspruch toleriert wird, liegt an der aktuell allgemein geglaubten Gleichsetzung von Profit und Allgemeinwohl, wie sie insbesondere von Milton Friedman aus einem fehlerhaften mathematischen Wirtschaftsmodel abgeleitet und popularisiert wurde. Seit der Arbeit von Steve Keen, 2001, gelten die mathematische Konstrukte als obsolet und Konklusionen als falsch.)
Wenn eine Gesellschaft, ein Staat oder sonst irgendwelche Gruppe das Prinzip der moralischen Neutralität von Eigentum implementiert, dann greift sie auf jeden Fall in 1) Eigentumsverhältnisse – 2) Preisbildung und 3) Vertragsfreiheit ein, mit der Absicht eine gerechte Gesellschaft zu verwirklichen in der der maximale Arbeitsertrag nicht die ultimative Richtskala darstellt. Dies steht jedoch völlig den liberalen und weit verbreiteten populären (ich würde sagen „naiiven“) Ansichten entgegen, die die Unantastbarkeit von Eigentum, uneingeschränkte Vertragsbildung und staatliche Abstinenz von der Preisbildung (z.B. durch eine niedrige Staatsquote) fordern. Der dabei viel von den neoliberal Angehauchten zitierte Untergang des Kommunismus als Beweis für die Untauglichkeit der hier entwickelten Forderungen ist schlicht unangemessen, vor allem weil die aktuelle asiatische Supermacht ein kommunistischer Staat ist. Der Ost-Block ist sicherlich zerfallen, er ist aber durch das politische Versagen untergegangen, denn die formal-wirtschaftlichen Verhältnisse waren in keinem der Ex-sozialistischen Staaten so schlecht wie in den derzeit existierenden westlichen kapitalistischen Staaten. Ich spekuliere darauf, dass die Menschen in diesen Ländern vor allem an dem technologischen Fortschritt die gesellschaftstechnische und politische Entwicklung im Westen gemessen haben. Viele sind in den Westen ausgewandert oder haben westliche Systeme zuhause adoptiert, um in die Vorzüge von Telefon, Auto und Fernseher zu gelangen. Die dabei entstehenden gesellschaftlichen Strukturen haben sie allerdings häufig genug sehr enttäuscht, da kapitalistische Gesellschaften im wesentlichen feudalistisch und damit sehr rückschrittlich sind.
Fazit: Gesellschaftlicher Fortschritt lässt sich eben nicht im Kaufhaus messen, sondern daran erkennen, das z.B. das Prinzip der moralischen Neutralität von Eigentum beachtet wird. Ich wage sogar zu behaupten, dass eine gerechte Gesellschaft sich dadurch auszeichnet, dass sie es schafft nur minimal Arbeitszeit in die Infrastruktur und Technologie zu stecken und ganz viel Arbeitszeit in den Menschen lenkt. Eine solche Gesellschaft wird sich dann nicht schnell und ruckartig militärisch, technologisch und wirtschaftlich entwickeln. Die Entwicklung von Militär ist dagegen das Ergebnis von Angst und das von Technologie ist zunächst immer ein Ausdruck von als schmerzhaft empfundener Mangelerscheinung, die so gravierend ist, dass man es mit einer riskanten Ressourcenallokation (sprich: „Investment“) abzustellen versucht. Der daraus resultierende stetige quantitative Wachstum und qualitativer Fortschritt wurden über die Zeit zu einer Art Religion, die Reformen erschwert, da Menschen heute Wachstum und Fortschritt als Ziele an sich verstehen, nicht als Mittel zum Zweck.
Liebe Grüße!
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
in diesem Beitrag möchte ich die Notwendigkeit diskutieren, warum Eigentum erst durch die Absicht des Handels und der Absicht zur exklusiver Nutzung entsteht – also die Eigenschaft der Intention.
Es sei daran erinnert, dass Eigentum natürlich die Äußerungen eigener Arbeitstätigkeit schützt, aber auch dort seine Grenzen findet, wo er friedfertig sein muss. Ich mag den Eigentum, der sich innerhalb dieser Schranken bewegt, als den „natürlichen Eigentum“ bezeichnen. Alles, was darüber hinausgeht sei „synthetisches Eigentum“, oder besser „aggressives Eigentum“, weil die Gewährung solcher Eigentumsformen ein zusätzliches Machtelement erzeugt das sich insbesondere in einer Marktwirtschaft preisverzerrend auswirkt. Dieser Gedanke wird gleich noch einmal aufgegriffen.
Das wichtigste Mittel diese Friedfertigkeit herzustellen ist es die Unabhängigkeit der Arbeitsergebnisse untereinander zu garantieren. Das bedeutet aber auch gleichzeitig die Herstellung der Handelbarkeit der Eigentumstitel, weil jetzt individuelle Transferentscheidungen zur Reallokalion getroffen werden können.
Eine wichtige Voraussetzung für die Unabhängigkeit von Eigentum muss daher die von Anfang an stehende Absicht der exklusiven Nutzung von Arbeitsergebnissen sein, wobei hier die Arbeit etwas genauer als der bewusste und der zweckgebundene Einsatz geistiger und physischer Ressourcen zu verstehen ist. Ergebnisse durch unvermeidliche Interaktionen mit der Umwelt können daher nicht unter den Schutz des Eigentums gestellt werden.
Würde die Absicht der exklusiven Nutzung nicht von Beginn an erkennbar sein, würde die Aneignung nach dem Fundstück-Prinzip legitim sein, wie die Aneignung jeglicher nicht beanspruchter Umweltressourcen für den Bewirtschaftungsprozess legitim ist.
In einem konkreten Fall, wo der Erzeuger erst später Eigentum am Ergebnis anmeldet, wenn z.B. erkennbar wird, dass das verarbeitete Ergebnis zu einem neuen wertvollen Arbeitsergebnis verarbeitet worden ist, dessen Funktion maßgeblich vom Teil abhängt, dann würde das Marktmachtverhältnis dramatisch zum Spätanmelder schwenken. Preise sind dann nicht sinnvoll verhandelbar und ein paritätischer Arbeitszeitausgleich ist kaum denkbar. Damit würden ständig unvorhersehbare Kosten über allen Projekten schweben, die in irgendeiner Weise auf Allgemeingut zurückgreifen. Dies würde wiederum die wirtschaftliche Tätigkeit ganz sicher einschränken.
Unter der Annahme, dass eine Gesellschaft (praktisch immer eine Produktivgemeinschaft) im Zweifelsfall immer solche Regelungen treffen muss, die sie stärken, muss in einer Situation des Konfliktes zwischen dem Fundstück-Prinzip und dem verspäteten Eigentumsanspruch dem Fundstück-Prinzip der Vorzug gegeben werden. Anders formuliert, bedeutet das, dass einmal „gemeinnützig“ geleistete Arbeit nicht wieder privatisiert werden kann. Das spiegelt sich im Volksmund wieder als „Verschenkt ist verschenkt.“
Damit erlöschen alle Eigentumsansprüche an Arbeitserzeugnissen, die nicht von Anfang an im Sinne einer Handelbaren Ressource hergestellt wurden. Erwähnt werden sollte jedoch, dass die Erkennbarkeit einer solchen Absicht, also die Antwort auf die Frage was Allgemeingut nun sei, im Spiegel kultureller Gepflogenheiten und sonstiger gesetzlichen Bestimmungen stark schwanken kann, wobei mit Allgemeingut auch das Gemeinschaftsgut einer privaten Gesellschaft gemeint ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Aleksander Lodwich.
Ich verweise gerne auch auf meine Webseite:
http://lodwich.homeip.net
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
die Monopolisierbarkeit von Eigentum ist überhaupt eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines solchen Anspruches. Eigentumsrechte sind Monopolrechte. Über Eigentum verfügen bedeutet nichts anderes, als das ausschließende Recht der Bestimmung über ein bestimmtes Objekt. Wenn also die Nutzung der Objekte grundsätzlich die Bestimmungsrechte dritter erfordert, dann ist die Monopolisierbarkeit nicht gegeben. Dies ist z.B. bei allen Formen von Informationen oder Organisationen der Fall.
Wichtig ist, dass es aus dieser Forderung heraus im strikten Sinne nicht so etwas wie Teileigentum entstehen kann, obwohl natürlich man umgangssprachlich durchaus diesen Begriff kennt. Eigentumsanspruch ist immer total und zwar auf der Organisationsgröße, ab der eine eindeutige Alleinbestimmung möglich ist. In der Ehe gehört daher das Haus dem Ehepaar, aber nicht speziell dem Ehemann oder der Ehefrau. Es ist allerdings eine Sache der Organisation die Methode der Entscheidungsfindung zu definieren. Z.B. könnte die Ehefrau es allein dem Ehemann überlassen, wann und wie das Haus in Stand gehalten wird oder wann ein guter Veräußerungsmoment gegeben ist. Wichtig ist allerdings auch die Unterscheidung von Eigentumsrechten und Leistungsansprüchen. Wenn wir bei dem Beispiel der Ehe verbleiben, dann erwächst aus der Funktionsbestimmung der Ehe (der materiellen, sozialen und psychischen Fürsorgefunktion) ein Leistungsanspruch der unabhängig von der anfänglichen Aufbauleistung (vielleicht 100% Ehemann), der späteren Instandhaltungsleistung (vielleicht 80% Ehemann) oder der Handelsleistung (vielleicht ebenfalls 100% Ehemann). Im Falle einer Scheidung, nach dem Verkauf der Immobilie würden die Erlöse zurecht 50/50 aufgeteilt werden, oder sogar noch stärker zugunsten der Frau, wenn sie z.B. die Kinder noch weiter erzieht. Man kann daher nicht sinnvoll von einem 50/50 Eigentum sprechen, weil weder Einlagen noch tatsächliche Bestimmungsstrukturen noch die endgültige Erlösverteilung mit einander kohärent sind.
Die Kohärenz fehlt auch bei Informationen jeglicher Art. Die Verarbeitung von Informationen manifestiert sich meistens in Produkten, die weitergegeben werden. Dazu benötigt man die Autorität dies zu tun. Öffentlich zugängliche und für die Öffentlichkeit gedachten Informationsprodukte (z.B. Bilder, Musik, Filme, Software usw.) unter ein Monopolrecht zu stellen bedeutet einen ganz praktischen Einschnitt in die Selbstbestimmungsrechte anderer und wirtschaftliche Argumente können das nicht überwiegen! An dieser Stelle vermerke ich ganz deutlich, dass der Warenmarkt und seine Mechanismen nicht zur Finanzierung geistiger Güter geeignet sind. Der Versuch Informationen Eigentumscharakter zu verleihen scheitert in der Wirklichkeit an vielen Paradoxien und dem ständigen Abwegungsbedarf, der dank wirklich fehlender objektiver Kriterien nur an Willkür grenzen kann.
Das Monopolrecht „Eigentum“ kann nur totalitär zugeordnet werden. Versuche eine Teile davon zu erwerben sind allenfalls abstrakt. Das merken die vielen Kleinaktionäre immer wieder. Es ist daher Zeit sich von solchen Konzepten zu lösen, insbesondere dann, wenn sie Selbstbestimmungsrechte anderer berühren. Dadurch kann und muss auch die Rekursivität von Eigentum abgestritten werden. Weder dürfen Menschen Menschen noch Strukturen innerhalb derer Menschen Eigentumsrechte ausüben Eigentum nennen. Geschachtelte Eigentumsbeziehungen z.B. zwischen den Unternehmen sind daher als intellektuelle Geschöpfe ohne wirkliche ethische Überlegungen zu verstehen. In einer modernen Eigentumswirtschaft haben diese also nichts zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen,
Aleksander Lodwich.
Sehr geehrte Gäste von emancipare.org,
wir disktutieren nun die letzte Forderung, die an Eigentum gestellt werden muss. Das ist die Eigenschaft der allgemeinen Vorteilhaftigkeit, die sich bei genauerer Betrachtung aus 1 (gerechtfertigte Quelle) und 4 (moralische Neutralität) ergibt.
Nach dem geltenden Vorstellung über Eigentum, welche sich an dem römischen Recht orientieren, sind wesentliche Rechtsvermögen folgende:
Zeitlich unbeschrenkt:
– Recht die Sache selbst zu verwenden
– Recht auf die Gewinnabschöpfung
– Veräußerungsrecht
– Verleih gegen Gegenleistung (z.B. Entgelt)
Diese Rechte wurden in der Antike unter bestimmten Annahmen gemacht. Die fehlende zeitliche Schranke geht von der Neutralität des Eigentums aus, weil z.B. die Sache selbst genutzt wird und andere nicht von der Sache abhängen. Es gibt keine Möglichkeit Eigentum einzuräumen, wenn man feststellt, dass zeitlich uneingeschränkte Nutzung, oder alleinige Nutzung dem Prinzip der allgemeinen Vorteilhaftigkeit wiederspricht. Das ist z.B. der Grund, warum bestimmte Tiere in bestimmten Regionen nicht gehalten werden können, weil ihre „Wirkung“ nicht auf den Eigentümer beschränkt ist.
Der Gewinnabschöpfung wird zugrunde gelegt, dass spekulative Gewinne und Verluste sich letztlich durch willkürliche Schwankungen der Wirtschaft in Waage halten und systematische Gewinne nur durch erbrachte Arbeit einen systematischen Mehrpreis erbringen können. Es ist inzwischen aber bekannt, dass Gewinnabschöpfung durchaus nicht nur auf Leistung beruhen. Vielmehr produziert die industrielle arbeitsteilige Wirtschaft immer wieder zentrale Ressourcen, deren Erwerb, z.B. durch den Staat als Maßnahme zur Einführung einer sozial ausgewogeneren Versorgung, aufgrund monopolistischer Machtverhältnisse irrationale Preise erfordern würde. Deshalb ist Enteignung in solchen Fällen eine zwingende Notwendigkeit.
Das Veräußerungsrecht war interessanterweise schon bei den Rämern nicht ganz frei, denn er wurde auf die Bürger Roms beschränkt. Insofern haben die Römer bereits schon selbst erkannt, dass die Formation einer Gesellschaft durch das Einkaufen von Grundstücken, die in an Pflicht Gebundenen und Nichtgebundenen unterscheidet, die wirtschaftliche Versorgungs- und soziale Absicherungsfunktion nicht erfüllen kann. Das Veräußerungsrecht von Boden war in Polen lange Zeit in ähnlicher Weise geregelt. Aber auch in Deutschland finden sich zahlreiche Einschränkungen des Veräußerungsrechts. Vor dem Spiegel der verlangten allgemeinen Vorteilhaftigkeit kann man daher das Veräußerungsrecht nicht als grundsätzlich an das Eigentum gebunden sehen. Vielmehr ist der Austausch von Eigentum nur in bestimmten Fällen zulässig und kann durchaus die Erfüllung zusätzlicher Pflichten verlangen (wie z.B. das Zahlen einer gemeinnützigen Abgabe (teilweise zur Milderung der Folgen eben dieses Handels, siehe Kraftstoffe, Zigaretten und Alkohol), man denke an Konsumsteuern oder die Mehrwertsteuer).
Der letzte Punkt, das Recht die Sache gegen Gegenleistung zu verleihen, ist tatsächlich eine Spezialität des Römischen Rechts, das die Trennung in Eigentum und Besitz vornimmt. Der Verleih ist gesamtgesellschaftlich betrachtet äußerst problematisch, denn einerseits garantiert es eine feingranulierte Nutzung wirtschaftlicher Ressourcen aber andererseits generiert es eine arbeitslose Einkommensquelle. Die unkritischen Befürworter des Verleihgeschäfts sehen häufig nur die vorteilhafte Seite und lassen sich davon blenden, dass evtl. gewisse Arbeitsleistungen tatsächlich anfallen. Wenn man sich kritisch mit dem Verleihrecht und seinen Auswirkungen beschäftigt, dann stellt man fest, dass alle wirtschaftlichen Mitkopplungen und damit Konzentrationsprozesse der kapitalistische Wirtschaft auf dem Verleihrecht stehen. Insofern wäre es ein gesellschaftlicher Fortschritt, wenn das Verleihrecht aus dem Eigentumsrecht gestrichen werden würde und nur durch spezielles Verleihrecht mit Abschreibungsmöglichkeit ersetzt werden würde. Auf diese Weise könnten weiterhin zentrale Ressourcen aus Effizienzgründen geschaffen werden (Mittel zum konkreten Zweck, z.B. genossenschaftlich), nicht aber aus spekulativem Gewinnstreben.
Mit anderen Worten, die Gesellschaften haben bereits in der Vergangenheit erkannt, dass Eigentum durch das römische Recht nicht adäquat beschrieben werden kann. Vielmehr erzwingt das plumpe Formulieren von Handlungsrechten zu vielen Abwägungsdilemmata. Die bisher vorgestellten Grenzlinien für Eigentum sind von solchen Abwägungsproblemen befreit. Es gibt also Möglichkeiten Eigentumsrecht sowohl gesellschaftsfähig und individuellwirtschaftlich nützlich auszugestalten.
MfG.
Aleksander Lodwich.
Sehr geehrten Gäste von emancipare.org,
damit sind wir nach fast einem Jahr doch noch zum Ziel angekommen und haben die Zeit gefunden die acht Forderungen etwas zu beleuchten. Ich hoffe, dass es Sie zum Nachdenken angeregt hat und Sie das Thema weiterhin beschäftigt.
Mit freundlichen Grüßen,
Aleksander Lodwich.