Es erstaunt mich immer wieder, welche interessanten Ideen im Mittelalter zu finden sind. Eine dieser Ideen sind die Brakteaten.
Das emancipare-Konzept strebt den Verzicht auf Geld an - aber bis wir soweit sind, wird noch viel Zeit vergehen. Bis dahin brauchen wir Lösungen, die zwar noch auf Geld basieren, aber den Missbrauch des Konzeptes "Geld" verhinderen oder erschweren.
Durch einen Bekannten bin ich auf die Brakteaten aufmerksam gemacht worden. Brakteaten waren eine Art Schwundgeld im Mittelalter, und für gut 200 Jahre, vom 12. Jahrhundert bis zum 14. Jahrhundert das dominierende Geld im deutschsprachigen Raum, und wurden darüberhinaus bis ins 18. Jahrhundert verwendet.
Die Brakteaten wurden von Landesherren (Fürsten, Herzoge) herausgegeben, die vom Kaiser das Münzrecht erhalten hatten. Das heißt, diese Münzherren waren die Einzigen, die Geld produzieren durften. Ein anderer Aspekt der Brakteaten ist für mich aber wesentlich interessanter: Das Schlaggeld.
Im Mittelalter gab es keine computerunterstützte Steuerbürokratie wie wir sie jetzt kennen, das faire und vollständige Eintreiben von Steuern war ein noch viel größeres Problem als es das heute ist. Mit dem Schlaggeld wurde dieses Problem auf eine bestürzend einfache Weise gelöst: Alle Brakteaten waren nur eine bestimmte Zeit lang gültig, und wurden zum Teil mehrmals jährlich gegen neue Brakteaten eingetauscht, wobei z.B. man für 4 alte Brakteaten 3 neue erhielt: Eine faktische Steuer in Höhe von 25%, wenn dies einmal jährlich gemacht wurde. Dieser einbehaltene Brakteat wurde Schlaggeld genannt, und war für viele Münzherren die einzige Steuereinnahme.
Dieses Schlaggeld hatte aber noch einen weiteren, wesentlich bedeutenderen Effekt: es machte es unattraktiv Geld zu horten oder damit zu spekulieren. Geld, das ausgegeben war, hatte man ja nicht mehr, und deshalb brauchte man auch keine Steuern bezahlen. Also waren alle bestrebt, ihr Geld auszugeben - was zum Bau grandioser Städte im Mittelalter führte.
Wenn wir dies also in unsere heutige Zeit übertragen würden:
- Der Staat bekommt die Geldhoheit: Banken können nur noch das Geld als Kredit vergeben, was sie auch tatsächlich (als Einlagen oder selbst aufgenommene Kredite) besitzen - sie können nicht mehr über Kreditvergabe Geld herstellen.
- Der Staat tauscht das vorhandene Geld alle 6 Monate im Verhältnis 4:3 (oder was auch immer) um, und behält das Schlaggeld als Steuereinnahme. Im Gegenzug werden alle anderen Steuern abgeschafft.
- Durch diesen Umtausch verliert alles angelegte Geld zweimal im Jahr 25% an Wert, was dazu führt, dass jeder sein Geld so schnell wie möglich ausgeben wird: Über 5 Billionen €, die derzeit angelegt sind, werden alleine in Deutschland plötzlich investiert, Arbeitslosigkeit wird zum Fremdwort.
Die Details sind natürlich noch abzuklären, und würden sicherlich ein Buch füllen, aber die Idee an sich ist spannend. Ich werde darüber weiter nachdenken.
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