Der Sündenbock

644059_web_R_K_B_by_Lisa Spreckelmeyer_pixelio.deIm Zuge der Recherchen für meinen letzten Artikel "Generalverdacht" habe ich versucht, ein wenig tiefer in das Thema Terrorismus einzusteigen. Denn ich hatte eine These: Terrorismus ist überhaupt kein Problem, und schon mal gar nicht in Westeuropa, und erst recht nicht in den USA. Wie immer, sind alle wichtigen Informationen öffentlich zugänglich, man muss nur danach fragen (bzw. suchen).

Da gibt es z.B. die Global Terrorism Database. In dieser Datenbank, die von sich behauptet die vollständigste Datenbank über Terrorismus zu sein, über die die Welt derzeit verfügt, sind über 100.000 terroristische Übergriffe seit 1970 und bis einschließlich 2011 erfasst (spätere sind noch nicht öffentlich zugänglich). Ein gutes Drittel davon, etwas mehr als 31.000, stammen aus den letzten 10 Jahren seit 2002 - scheinbar gibt es mehr Terrorismus in der Welt, seitdem er bekämpft wird.

Wenn man sich diese Datenbank anschaut, dann sieht man, dass im vergangenen Jahrzehnt je Jahr durchschnittlich knapp 6.500 Menschen auf unserem Planeten durch terroristische Angriffe starben. Bei knapp der Hälfte aller terroristischer Anschläge in den vergangenen 10 Jahren (etwa 14.500), gab es überhaupt keine Toten, und noch einmal so viele hatten zwischen 1 und 10 Opfer zur Folge.

Dann schauen wir mal in die Länder, die nun alle Menschen in der Welt unter Generalverdacht gestellt haben, einschließlich ihrer eigenen Bürger. Wie schlimm ist der Terrorismus in Nordamerika, in Westeuropa und in Australien/Ozeanien? Angesichts der Milliarden, die in die Terrorismusbekämpfung gesteckt werden, und der Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger, müssen dass ja erschreckende Zahlen sein. Nun, es waren, für alle drei Regionen zusammen, im Schnitt pro Jahr 138 Terrorismusopfer. Davon gut 110 in Westeuropa, 22 in Nordamerika und ganze 2 in Australien/Ozeanien.

Entschuldigung? Wo ist das Problem? Haben sich die Leute schon mal angeschaut, wieviele Menschen in ihren Ländern jedes Jahr durch Alkohol- oder Tabakmissbrauch sterben? Wo ist der Krieg gegen die Tabak- und Alkohoindustrie? Oder im Straßenverkehr? Wo ist der Krieg gegen die Automobilindustrie? In den USA werden monatlich mehr unschuldige Menschen durch Polizisten getötet als es dort Terrorismus-Opfer im Jahr gibt (Quelle). Vor wem muss der Amerikaner mehr Angst haben, vor Terroristen oder vor den eigenen Polizisten?

Und - wieviele Terroristen werden jedes Jahr in Nordamerika, Westeuropa und Australien gefasst, wie erfolgreich ist der Kampf gegen Terroristen überhaupt? Der im Wesentlichen von den Amerikanern geführte Krieg gegen den Terrorismus tötet mindestens zehmal mehr unbeteiligte und unschuldige Zivilisten als sogenannte "Kollateralschäden", als Terroristen Amerikaner, Westeuropäer und Australier zusammengenommen töten. Hier stimmt irgend etwas ganz und gar nicht. Ein Gesetz, das Unternehmen verbietet es den eigenen Kunden mitzuteilen, wenn es von Geheimgerichten gezwungen wird Informationen über die eigenen Kunden herauszugeben, einschließlich aller vertraglich als "vertraulich" eingestuften Informationen? Wenn das nicht Faschismus ist, was ist dann Faschismus? Und wenn dann jemand dies öffentlich bekannt macht, ist er Terrorist, Hochverräter, Schwerverbrecher? Nach dieser Logik sind dann die Geschwister Scholl wohl auch zu recht hingerichtet worden, oder was?

Rechtfertigen weniger als 150 Tote im Jahr die totale Überwachung aller Menschen, den Freiheitsentzug durch Ermächtigungsgesetze wie den Patriot Act, die Errichtung eines Polzeistaats, wenn gleichzeitig täglich in den gleichen Regionen Tausende durch Alkohol, Tabak und Autos sterben? Da läuft irgendetwas vollkommen schief. Da ist keine Verhältnismäßigkeit mehr.

Könnte es sein, dass es da ganze Industrien gibt, die am Terrorismus blendend verdienen? Wer stellt die Waffen und die Munition her, die in Pakistan, in Afghanistan, in Somalia oder im Irak im Krieg gegen den Terrorirsmus eingesetzt wurden und werden? Was kosten die, wer bezahlt die, und wie hoch sind die Gewinnmargen? Wer verdient daran, dass Alkohol, Tabak oder Autos täglich Tausende töten dürfen? Wer hat einen Vorteil davon, dass Milliarden von Menschen überwacht und Billionen von Daten gespeichert und ausgewertet werden? Diese Fragen sollte man sich mal stellen.

Übrigens - damit das nicht in Vergessenheit gerät - die meisten massiven kriegsauslösenden terroristischen Angriffe waren Aktionen der eigenen Nachrichtendienste gegen den eigenen Staat und dessen Bürger unter falscher Flagge, mit dem Ziel einen Krieg oder einen Kriegseintritt zu rechtfertigen. Recherchieren Sie einfach mal - und nicht nur 9/11! So wie die NPD und die rechtsnationale Szene in Deutschland zunehmend als eine Aktion des Bundesnachrichtendienstes erscheint, so erscheint auch der internationale Terrorismus (zumindest Außerhalb von Süd-Ost Asien und dem Nahen Osten), als eine Aktion von Nachrichtendiensten.

Denken Sie doch einfach mal nach. Was hindert einen überzeugten Terroristen daran mit einer der vielen, vielen panzerbrechenden Raketen, die man jeden Tag im Fernsehen in den Händen von Nicht-Kombatanten sieht, damit ein Kernkraftwerk in den USA oder Frankreich zu zerstören? Einreiseprobleme? Skrupel? Warum ist das bisher denn noch nie passiert? Etwa weil die Nachrichtendienste so gut arbeiten? Genau die, die keine Ahnung von der NSA Spionage haben und vollkommen überrascht sind, dass das Handy unserer Kanzlerin abgehört wird? Wer eine Bombe bauen will, kann das heutzutage völlig problemlos. Die Anleitungen gibt es im Internet, das Material im Baumarkt. Nur die Terroristen, die so etwas tun würden, scheint es nicht zu geben.

Ich bin überzeugt: Der Krieg gegen den Terrorismus ist eine Aktion unter falscher Flagge. Es geht in Wirklichkeit um die möglichst vollständige Überwachung der Menschen auf diesem Planeten, vor allem in den industrialisierten Ländern. Es stellt sich da mal wieder die Frage: Qui Bono?

Die westlichen Regierungen überspannen den Bogen. Wir befinden uns in einer Zeit die vergleichbar ist mit der zweiten Hälfte der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts in Frankreich. Man kann fast zusehen, wie das Agressionspotential überall auf dem Globus steigt. Man glaubt die Menschen dauerhaft für Dumm verkaufen zu können, und dies wird sich letztendlich als ein fataler Trugschluss erweisen. Das Fass ist zum Bersten gefüllt und wird bald explodieren, die Lunte ist schon angezündet. Der sogenannte Krieg gegen den Terrorismus ist nichts als ein weiterer Versuch die Menschen in der Welt noch eine Zeitlang weiter zu unterdrücken, damit ein paar Wenige noch eine Zeitlang länger die Menschen auspressen und die Früchte ihrer Arbeit einsacken können.

(c) Foto: Lisa Spreckelmeyer  / pixelio.de

Generalverdacht

Assange, Manning, jetzt Snowden. Menschen, die mit dem Finger darauf zeigten und zeigen, wo die Grenze zwischen Freiheit und Sicherheit nicht verlaufen darf - und die dafür vom mächtigsten Staat der Erde gejagt und eingesperrt werden, wenn er sie denn kriegen kann.

Die Bürger der Erde sind unter Generalverdacht geraten. In den Augen der Sicherheitsbehörden sind wir alle potentielle Terroristen. In einer Zeit, in der Kriege nicht mehr mit Armeen sondern mit Computern, Saboteuren und Selbstmordattentätern geführt werden, haben die Staaten noch keine Strategie, kein alternatives Reaktionsmodell, dagegen gefunden. Außer halt, dass alle Menschen Terroristen sein können und daher alle Menschen wie Terroristen überwacht und kontrolliert werden müssen. Heute kämpft nicht mehr eine Armee gegen eine andere, sondern der Staat gegen alle.

Ich bin vor vier Jahren das letzte Mal in die USA eingereist und dort - wie alle anderen Einreisenden auch - gleich erkennungsdienstlich erfasst worden. Iris-Scan, Fingerabdrücke, das ganze Programm, wie man es bei uns eigentlich nur aus Kriminalfilmen kennt, wenn Verdächtige verhaftet werden. Dass meine Daten jetzt in den Datenbanken von CIA, FBI, NSA und wer weiß sonst noch alles gespeichert sind, beruhigt mich keineswegs. Nicht weil ich etwas zu verbergen hätte, sondern weil eine anonyme Administration mich nun analysieren, verfolgen und prognostizieren kann, wahrscheinlich sogar besser als meine Frau es könnte. Eine Administration, die nichts dabei findet von ihr als Terroristen deklarierte Menschen einfach per Drohne zu töten. Unbeteiligte Nachbarn und deren Kinder als Kollateralschäden mit eingeschlossen.

Was Assange, Manning und Snowden gemacht haben ist aufzuzeigen, wie weit die staatliche Sicherheitsphobie bereits gediehen ist - und das nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Was diesbezüglich in China und Russland, im Iran oder in Saudi Arabien passiert, darüber will ich gar nicht erst nachdenken. Auch der deutsche Nachrichtendienst soll 100 Millionen Euro zusätzlich bekommen, um Menschen in aller Welt besser überwachen zu können. Alles im Namen des Schutzes vor Terrorismus.

Wir befinden uns ganz offensichtlich im Krieg, einem Krieg ohne Kombatanten, dafür mit sovielen Beteiligten wie noch nie zuvor. Die gesamte Weltbevölkerung wird von den Staaten heute als Gefahr gesehen. Nur wer beweisen kann, dass er nichts Böses im Schilde führt, gilt (vielleicht) als unverdächtig. Das ist die Umkehr der Beweislast, die Aufgabe der lange geltenden Grundannahme dass man als Unschuldiger zu gelten hat, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Heute müssen wir beweisen, dass wir nicht schuldig sind, andernfalls werden wir observiert, in Datenbanken gespeichert und mit Algorithmen in Bedrohungsstufen einsortiert.

Ich bin im Herbst wieder auf einer Konferenz in London, wo ich einen Vortrag halte. Gerade in England, sozusagen im Herzen Europas, kann man in der Öffentlichkeit fast keinen Schritt mehr unbeobachtet gehen. Meine Daten sind in Computern, meine Bewegungen sind in Computern, wenn ich etwas online kaufe oder mit Karte bezahle ist es im Computer, und die NSA baut Datenbanken, die diese ganzen Informationen vernetzen und auswerten können. Orwells 1984 ist da - einschließlich des staatlichen Neusprech, das all dies rechtfertigt und uns als gut verkauft.

Ich bin dankbar, dass es Menschen wie Assange, Manning und Snowden gibt. Die mit dem Finger darauf zeigen, dass unsere Freiheit in Gefahr ist, dass wir im Namen der Sicherheit alle unter Generalverdacht gestellt sind. Menschen an denen sichtbar wird, wie paranoid die Sicherheitsbehörden der Staaten geworden sind, für die Recht und Gesetz nicht mehr Hinderniss und Grenze, sondern gestaltbares Mittel sind. Jede Kamera, jedes Überwachungsprogramm, jeder Datenbankeintrag ist ein kleines Stückchen Freiheit weniger für die Bürger der Erde.

Und die Terroristen? Als ob die sich davon beeindrucken lassen würden! Nur Amateure gehen ins Netz des Systems, die Profis kennen es und können es leicht aushebeln. Wer es darauf anlegt nicht entdeckt, nicht erkannt zu werden, wer berufsmäßiger Terrorist oder Krimineller ist, führt ein Leben, das weitgehend unsichtbar für die Sicherheitsbehörden ist.

Wieviele terroristische Anschläge gibt es im Jahr in Europa, in Nordamerika? Wieviele Terroristen werden dort täglich verhaftet? Verkehrsunfälle, Alkohol oder Tabak sind ein vielfach größeres Risiko, eine vielfach größere Gefahr für die Menschen, als Terrorismus. Wo ist der Krieg gegen Autos, gegen die Alkohol- und Tabakindustrie? Ich habe den Eindruck, die Überwachung richtet sich gar nicht gegen den Terrorismus, sondern ist tatsächlich das, als was es ganz offensichtlich erscheint: Eine Überwachung der Bürger. Die Frage ist mal wieder: Cui Bono?

Vielleicht müssen wir bei mehr als 7 Milliarden Menschen auf der Erde einfach auch akzeptieren, dass die Zahl der Chaoten, der Gewalttäter, der Kriminellen in gleichem Maße absolut größer geworden ist wie die Zahl ihrer potentiellen Opfer. Bei 7 Milliarden Menschen gibt es einfach mehr Gewalttaten als bei 2 Milliarden Menschen. Wir sollten vielleicht anerkennen, dass es kein Leben in vollständiger Sicherheit geben kann. Vielleicht sollten wir einfach die Toten durch terroristische Angriffe in die gleiche Kategorie stecken wie die Toten durch Verkehrsunfälle, Alkohol, Tabak, Malaria oder Masern - und diesem Problem damit automatisch die Bedeutung zuweisen, die es tatsächlich hat: Eine völlig unbedeutende Randerscheinung im Kanon der Risiken des Lebens in unserer Zeit.

Es ist eigentlich kein Sicherheitswahn, es ist überhaupt kein Wahn, sondern das hat Methode. Der Terrorismus ist da nur willkommener Sündenbock. Unverfänglich, Unheimlich und Unüberprüfbar. Das ist kein Kampf gegen den Terrorismus, sondern ein Kampf gegen den freien Bürger, gegen die Freiheit der Bürger. Es ist die Schlussphase in der Verwirklichung der Orwell'schen Dystopie. Assange, Manning und Snowden haben nichts anderes getan, als darauf hinzuweisen. Was, ganz im Sinne Orwell'schen Neusprechs, mittlerweile ein Verbrechen ist.

(c) Foto: Günther Richter / pixelio.de

Wie bitte, liebe UN?

Nochmal zu meinem Lieblingsthema, Wachstum. Diesmal erneut zum Bevölkerungswachstum, die verdrängte, vergessene und totgeschwiegene Katastrophe.

Wer sich die Prognosen der UN anschaut, wird beruhigt. Gegen 2050 wird das Bevölkerungswachstum bei ca. 9 bis 10 Milliarden Menschen mehr oder weniger enden. In den darauf folgenden 100 Jahren wird die Zahl der Menschen bestenfalls um weitere 2 Milliarden Menschen anwachsen. Wenn man sich die historische Entwicklung des Bevölkerungswachstums etwas genauer anschaut und die veröffentlichten Planungen der Bevölkerungswissenschaftler dagegen hält, dann fragt man sich jedoch, was die wohl geraucht haben. Sie wollen uns ernsthaft weismachen, dass die Zahl der Geburten je Frau bis zum Jahr 2150 um sagenhafte 97% gegenüber der derzeitigen Zahl der Geburten je Frau sinkt. Oder das die im Jahr 2150 lebenden ca. 3 Milliarden gebärfähigen Frauen nicht mehr zum Wachstum der Weltbevölkerung beitragen, als es die knapp 300 Millionen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts getan haben.Und das bei gleichzeitig weltweit sinkender Kindersterblichkeit und steigender Lebenserwartung. Dazu folgende Tabellen:

Erläuterungen zu den Tabellen:

  • von/bis bzw. Zeitraum 1 / Zeitraum 2: jeweiliger Zeitraum.
  • A: wieviele Menschen es durchschnittlich im jeweiligen Zeitraum gab, bzw. nach der UN Prognose dann geben soll (in Millionen).
  • B: Die Zahl der Menschen, die im angegebenen Zeitraum durchschnittlich jährlich hinzugekommen sind bzw. hinzukommen werden, also das effektive absolute Bevölkerungswachstum je Jahr (in Millionen, unter Berücksichtigung von Effekten wie Kindersterblichkeit oder Lebenserwartung).
  • C: Wieviele der Menschen (von A) gebärfähige Frauen waren, unter der Annahme, dass 50% der Menschen Frauen sind, und 50% dieser Frauen gebärfähig sind (in Millionen, wobei es egal ist, ob die absoluten Zahlen stimmen, weil es in dieser Analyse um die Verhältnisse geht).
  • D: Quotient aus B / C, also die Zahl neu hinzugekommener bzw. neu hinzukommender Menschen je gebärfähiger Frau (Zuwachs, also die den Ersatzbedarf zum Ausgleich von Sterbefällen übersteigende Menge von Kindern).
  • E: Prozentuale Veränderung des Quotienten (siehe D) von Zeitraum 1 auf Zeitraum 2

 

Was fällt auf? In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts waren die gebärfähigen Frauen der Welt nicht nur fähig, sondern auch freudig. Nur zum Vergleich: der Durchschnittswert des Quotienten "D" aus der Tabelle oben über die vergangenen 1.000 Jahre liegt bei etwa 0,026, er war in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts fast dreimal so hoch, so hoch wie nie während der gesamten 40.000jährigen Menschheitsgeschichte. Wir reden hier über eine Bevölkerungsexplosion, auf einem leider bereits recht hohen Ausgangsniveau. Aber darauf will ich gar nicht hinaus. Mich interessiert die Zukunft.

In Tabelle 2 sieht man, dass während der Quotient für den Zeitraum von 1950 bis 1975 gegenüber dem davorliegenden Jahrhundertquartal um 66% stieg, und im darauf folgenden Jahrhundertquartal nochmal um 32%, nun ab diesem Jahrhundert eine dramatische Wende eintreten wird: in jedem Jahrhunderquartal soll gegenüber dem Vorhergenden dieser Quotient gleich um über 40% sinken, im letzten Jahrhundertquartal des 21. Jahrhunderts gar um 66%. Seit 250 Jahren hat die steigende Anzahl gebärfähiger Frauen stets auch zu einer Zunahme des Wachstums der Zahl neuer Menschen geführt, und zwar immer, mit einer Ausnahme, im zweistelligen Prozentbereich je Jahrhundertquartal bzw. Jahrhunderthälfte, und durchschnittlich um 32%. Ab 2000 soll dies schlagartig nicht nur reduziert, sondern in's Gegenteil verkehrt werden, mit einer durchschnittlichen Reduktion der Wachstumsrate um mehr als 43% für die nächsten 150 Jahre. Wie soll aus einem Jahrhunderte andauernden 32%igen Wachstum innerhalb von einer Generation eine 43%ige Schrumpfung werden, ohne massive Aufklärungskampagnen und signifikante Finanzierungen?

Die Prognose der UN behauptet, dass zwischen 2000 und 2025 der Quotient "D" aus Tabelle 1 im Durchschnitt auf knapp unter 0,05 sinken wird - immerhin immer noch doppelt so hoch wie im tausendjährigen Durchschnitt. Danach soll er bis 2050 wieder auf das langjährige Durchschnittsniveau herabsinken - nun gut, einen über 1.000 Jahre gültigen Durchschnittwert wieder zu erreichen, das kann ja durchaus realistisch sein. Aber dann wird es lustig: nach der Jahrhundertwende soll diese Quote auf einen Wert sinken, den es zuletzt im 11. und 12. Jahrhundert gab. Und bis Mitte des nächsten Jahrhunderts sogar auf einen Wert, wie es ihn seit über 1.000 Jahren nicht mehr gegeben hat, und der damals durch eine exorbitante Kindersterblichkeit und tödliche Krankheiten wie Cholera, Pest, Lungenentzündung, Blinddarmentzündung, bakterielle Infektionen, etc. unterstützt wurde.

In anderen Worten: Während am Anfang des vergangenen Jahrhunderts im Schnitt weniger als 500 Millionen Frauen jährlich einen Bevölkerungszuwachs von 14 Millionen Menschen schafften, sollen in der Mitte des kommenden Jahrhunderts knapp 3 Milliarden Frauen einen jährlichen Zuwachs von nur noch 6 Millionen Menschen verursachen (nochmal zur Erinnerung und zum Vergleich: aktuell beträgt der jährliche Zuwachs deutlich über 80 Millionen Menschen, bei nur 1,5 Milliarden gebärfähige Frauen!). Mit anderen Worten: die Geburtenrate je Frau soll in den kommenden 140 Jahren gegenüber dem aktuellen Wert um fast 97% sinken. Wobei man zusätzlich berücksichtigen muss, dass man annehmen darf, dass die Menschen nach Annahmen der UN in 150 Jahren länger leben, weniger verunfallen und gesünder sind, diese Reduktion also wahrscheinlich noch stärker ausfallen muss.

Liebe UN, wie bitteschön, soll das möglich sein? Womit wird dieser wundersame, dramatische und nie dagewesene freiwillige Geburtenentzug der Frauen begründet?

Was man natürlich auch noch in dieser Tabelle ablesen kann: Seit Anfang des 18. Jahrhunderts, also in den vergangenen 200 Jahren, steigt die durchschnittliche jährliche Zuwachszahl an Menschen kontinuierlich an. Von 2 Millionen je Jahr vor 200 Jahren auf 100 Millionen je Jahr zum Ende des letzten Jahrhunderts. Aber ab diesem Jahrhundert wird alles anders: die Zahl der jährlich hinzukommenden Menschen wird sinken, trotz einer nach wie vor ständig wachsenden Zahl gebärfähiger Frauen! Und zwar auf den Wert, den es zuletzt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab, als es zehnmal weniger gebärfähige Frauen gab, als es in der Mitte des kommenden Jahrhunderts dann geben soll! Ich frage mich, wie das gehen soll. Zwangssterilisationen?

Wenn wir - ganz optimistisch - davon ausgehen, dass die Zahl der Geburten je gebärfähiger Frau tatsächlich in Zukunft ständig und so sehr sinken wird, dass ein jährlicher Zuwachs auf etwa 80 Millionen Menschen, den ungefähren Durchschnittswert der vergangenen 50 Jahre, stabilisiert wird, dann werden wir 2150 nicht 11,5 Milliarden Menschen haben, sondern ungefähr 18 Milliarden Menschen. Und das ist nach meiner Auffassung eine optimistische Schätzung, es würden eher deutlich über 20 Milliarden Menschen sein ... wenn wir nicht derzeit alle der Schlachtbank zuführen würden.

Denn all dies ist pure Theorie. Im Jahr 2150 wird es bestenfalls noch ein paar hundert Millionen Menschen geben. Die anderen Milliarden werden im Krieg der Kriege um die letzten Nahrungsmittelreserven, die letzten Rohstoffvorkommen und die letzten Wasservorräte, der spätestens gegen Ende dieses Jahrhunderts beginnen wird, umgekommen sein.

(c) Foto: Norbert Roemers  / pixelio.de

Armageddon

150097_r_by_klicker_pixelio-kleinIch habe es bereits an anderer Stelle geschrieben: Menschen haben ein Problem mit der Zeit. Dies ist besonders fatal, wenn ein weiteres grundsätzliches Verständnisproblem hinzukommt. Menschen verstehen die Exponentialfunktion nicht. Sie verstehen die Konsequenz von Wachstum nicht.

Das für die Zukunft der Menschheit bedrohlichste Wachstum ist das Bevölkerungswachstum. Seit etwa etwa 400 Jahren liegt es weltweit immer über 0,5% je Jahr, seit Beginn der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts immer über 1%. Derzeit liegt es weltweit bei etwa 1,2%.

Das klingt nun nicht besonders dramatisch. Auch nicht, wenn man ausrechnet, dass bei einem ständigen Wachstum von 1% die Bevölkerung sich alle 70 Jahre, bei 0,5% sogar nur alle 140 Jahre verdoppelt. Dies scheint aber nur so unkritisch, weil wir die Wirkung einer Exponentialfunktion nicht verstehen, und weil wir Zeiträume, die über eine Generation hinausgehen, einfach in unserem Bewusstsein ausblenden.

1% Bevölkerungswachstum jedes Jahr (das ist der Betrag, den wir seit über 100 Jahren stets - und teilweise deutlich - überschreiten) wird dazu führen, dass sich bereits in 500 Jahren die Zahl der Menschen um etwa das 130fache auf dann 1 Billion Menschen erhöht. Bei 0,5%, ein Wert, der seit dem 30jährigen Krieg nicht mehr unterschritten wurde, und den auch China mit seiner rigorosen 1-Kind-Politik nicht unterschreiten konnte (tatsächlich steigt die Wachstumsrate dort seit fast 10 Jahren wieder), wird diese Zahl in etwa 1000 Jahren erreicht. Und: bei gleichbleibendem Wachstum verdoppelt sich dieser Wert auf dann 2 Billionen bereits nach weiteren 70 bzw. 140 Jahren ...

Auch wenn wir es uns überhaupt nicht vorstellen können, wie ein oder zwei Billionen Menschen auf unserem Planeten Platz finden sollen, ist dies nicht das eigentliche Problem: Schon viel früher werden wir die wachsende Menschenzahl nicht mehr ernähren und versorgen können. Bereits heute ist die auf dem Planeten für Landwirtschaft verfügbare Fläche ausgereizt, weitere Waldrodungen führen nur zu verstärkter Erosion und dem endgültigen und zusätzlichen Verlust von urbarem Boden. Die erreichbaren Vorräte des Rohstoffs Phosphor, ein wesentlicher und nicht ersetzbarer Rohstoff für Kunstdünger und zentraler Stützpfeiler der Agrarproduktion, werden nur noch bis etwa Ende dieses Jahrhunderts reichen. Ein Ersatz ist nicht in Sicht. Die prognostizierten Folgen der Klimaveränderungen sind dann nur noch ein weiterer Aspekt dieses Szenarios.

Wenn sich nicht sehr schnell etwas sehr grundlegend ändert, werden wir spätestens gegen Ende dieses Jahrhunderts, wenn mit ca. 15 Milliarden (+/- 1 Mrd) gut doppelt soviele Menschen auf unserem Planeten leben werden wie heute, einen Krieg um Nahrung, Wasser und Ressourcen führen, der alle bisherigen Kriege in den Schatten stellen wird. Das einzig "Positive" wird dann sein, dass bis dahin Öl und Metalle soweit verbraucht sind, dass kein Material mehr für die Produktion und den Betrieb von Kriegswaffen heutiger Technologie verfügbar sein wird. Dieser Krieg wird wieder zu Pferde und mit dem Schwert enden.

Auslöser wird der Zusammenbruch des Weltwirtschafts- und Finanzsystems sein, weil das für dessen Funktionieren notwendige (um die Mittel für Zinszahlungen erwirtschaften zu können) Wirtschaftswachstum von global mindestens ca. 3% angesichts schwindender Ressourcen nicht mehr lange aufrechterhalten werden kann (das durchschnittliche globale Wirtschaftswachstum der letzten 60 Jahre lag übrigens bei ca. 4,7% p.a.). Mit (nur) 3% Wirtschaftswachstum werden wir gegen Ende dieses Jahrhunderts etwa 15 mal soviel auf unserem Planeten produzieren müssen, wie wir es heute tun. Dies ist schlichtweg unmöglich, und damit wird sich das Wirtschaftssystem als unmöglich erweisen und kollabieren.

Angesichts dieser Situation haben wir nunmehr nur noch wenige Optionen:

1. Wir tun nichts. Ende dieses Jahrhunderts werden ca. 15 Milliarden Menschen (+/- 1 Mrd.) um die verbliebenen Ackerbauflächen, Trinkwasservorräte und Ressourcen einen Krieg führen, wie es ihn in der Geschichte der Menschheit noch nicht gegeben hat, und in dem der Großteil der Menschheit verhungern, verdursten, an Krankheiten sterben, oder im Krieg als Soldat oder ziviler Kollateralschaden getötet wird. Sofern die Nuklearstaaten ihre Waffen nicht einsetzen, werden nach einigen Jahrzehnten Krieg die verbliebenen 1 bis 2 Mrd. Menschen im Rahmen einer Gesellschaft irgendwo zwischen Mad Max und Auenland versuchen eine neue Zivilisation aufzubauen. Zu Pferde. Der Preis für dieses Nichtstun sind mehr als 10 Milliarden Kriegsopfer, über 10 Milliarden Menschen die vergiftet, verbrannt, erschossen, zu Tode gefoltert werden, oder einfach verhungern oder an Krankheiten und Verletzung sterben, weil es kein Essen, kein Wasser, keine medizinische Versorgung mehr gibt.

2. Wir investieren mit einer nie gekannten Konsequenz und in einem gewaltigen Umfang Geld in die Erfindung neuer technologischer Wunder (welcher auch immer), die es unserem Planeten ermöglichen bis zum Ende des übernächsten Jahrhunderts 50 Milliarden Menschen zu ernähren und zu versorgen (Bevölkerungswachstum ist geometrisches Wachstum!). Danach werden auch technologische Wunder nicht mehr helfen. Den Anfang könnte z.B. die Umwidmung der jährlich etwa 1,5 Billionen USD machen, die weltweit derzeit für Krieg und Militär ausgegeben werden. Wenn die Rettung der Banken (und damit der Vermögen der Reichen) weltweit eine knappe Billion USD aktivieren konnte, dann sollte die Rettung der Menschheit dies erst recht ermöglichen. Dies würde uns etwa vielleicht 100 Jahre zusätzliche Zeit verschaffen, eine letzte Gnadenfrist um das Problem zu lösen.

3. Wir führen weltweit die Zwangssterilisation ein. Jede Frau darf zwei Kinder gebären und wird danach sterilisiert. Kindersterblichkeit durch Geburtsprobleme, Unfälle oder Krankheiten wird ausgeglichen durch Menschen, die sich diesem Zwang irgendwie entziehen können. Im Ergebnis wird die Bevölkerung unseres Planeten dann bei etwa 7 bis 8 Mrd. Menschen stabilisiert, wenn dies in den nächsten Jahren durchgesetzt wird. Wenn wir dann gleichzeitig beginnen, Konsum und Energieverbrauch zu stigmatisieren und kriminalisieren und damit vor allem in den Industrieländern um Größenordnungen zu reduzieren, haben wir eine Chance, dass unsere Zivilisation solange überlebt, bis neue Technologien eine größere Zahl von Menschen möglich machen.

4. Wir schaffen ein Ventil für die Überbevölkerung, das heißt, wir beginnen sofort daran zu arbeiten, dass Menschen in großer Zahl den Planeten und das Sonnensystem verlassen können. Ein Terraformen des Mars wird nicht reichen (geometrisches Wachstum der Bevölkerung!), wir müssen tausende von Generationenschiffen bauen, in denen jeweils hunderttausende von Menschen über Jahrhunderte oder Jahrtausende leben können auf der Suche nach alternativen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Dass auf diesen Schiffen eine strenge Geburtenkontrolle und nachhaltiges (wachstumsfreies) Wirtschaften erforderlich ist, versteht sich von selbst.

5. Wir entwickeln ein völlig neues globales Gesellschaftssystem, dessen politische Ordnung und wirtschaftliches System auf Vernunft, Nachhaltigkeit und Selbstbeschränkung aufbaut, und die Weltbevölkerung dahingehend überzeugend schult und motiviert, dass sie freiwillig nur noch nachhaltig konsumiert und sich nur noch kontrolliert vermehrt.

Ignorieren wir Option 2 bis 5, dann tritt Option 1 ein, dann beteiligen wir uns heute am gewaltsamen Tod von mehra als 10 Milliarden Menschen im kommenden Jahrhundert. Das ist so unvermeidlich, dass man das mit einfachster Mathematik ausrechnen kann. Der WWF hat dies bereits getan und kommt zum Schluss, das bereits ab 2035 der weltweite Bedarf an Nahrung, Energie und Fläche das Leistungsvermögen unseres Planeten um das Doppelte übersteigt. Dies kann nur vermieden werden, wenn wir heute beginnen die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.

Die Vereinten Nationen haben dies auch erkannt, und als Maßnahme dagegen festgestellt, dass bis zum Jahr 2050 das Bevölkerungswachstum auf etwa 0,35% sinken wird. Wie das erreicht werden soll, ist für mich nicht nachvollziehbar (siehe das Ergebnis von Chinas drastischer 1-Kind-Politik), und ich habe bisher auch keine diesbezügliche Erklärung der UN gefunden, aber auch wenn dies tatsächlich eintreten sollte, dann ändert das nichts: Die Zahl von 1 Billion Menschen wird dann zwar erst in etwa 1300 Jahren erreicht, der Krieg um Nahrung, Wasser und planetarische Ressourcen verzögert sich damit aber um nur vielleicht 50 Jahre, wenn überhaupt, weil die Bevölkerung bis zum Ende dieses Jahrhunderts dennoch um mehrere Milliarden steigt und die verfügbaren Ressourcen dennoch bis dahin versiegen.

Wir stehen an der Schwelle zum Armageddon, wissen es, können es mit einfachsten Mitteln ausrechnen und prognostizieren, aber wir verschließen die Augen und tun nichts. Unsere Spezies wird diese Katastrophe vielleicht überleben, wenn keine der Atommächte Nuklearwaffen in dem kommenden Krieg einsetzt, aber der weit überwiegende Teil der Menschheit wird an Krankheiten sterben, verhungern oder getötet. Milliarden Menschen. Unsere Generation, und die zwei oder drei vor uns, sind schuld daran, weil wir in wahnsinniger Habgier und Völlerei alles verbrauchten und verbrauchen, was unser Planet hat, und uns hemmungslos und verantwortungslos explosionsartig vermehren. Wir können nur hoffen, dass es tatsächlich keinen Gott gibt, der uns dafür richten wird.

Ich würde mich freuen, wenn jemand dieses Szenario, diese Analyse, mit Fakten anstatt mit Spekulation und Wunschdenken als falsch widerlegt.

(c) Foto: Klicker / pixelio.de