Der Bundeswahlleiter führt seit 1969 Statistiken über die Parteien in Deutschland. Danach beträgt die durchschnittliche Dauer der Anerkennung einer politischen Vereinigung als Partei in Deutschland 3065 Tage (das sind etwas weniger als 8 1/2 Jahre) von der Gründung als Partei bis zum Datum der Aberkennung der Parteieneigenschaft durch den Bundeswahlleiter. Von den genau 400 politischen Parteien, die in den 40 Jahren seit Beginn der Statistik bis Ende 2008 geführt wurden, haben ziemlich exakt drei Viertel die Anerkennung als Partei bereits wieder verloren, und sind nur noch eine Notiz in den Archiven unserer Republik.
Vier Fünftel dieser verstorbenen Parteien haben bereits vor Erreichen der durchschnittlichen Lebenszeit ihren Eintrag im Parteienregister des Bundeswahlleiters verloren. Nur 40 der heute anerkannten Parteien sind damit statistisch sozusagen auf der sicheren Seite, natürlich einschließlich der 10 im Bundestag und den Landtagen vertretenen Parteien, indem sie die durchschnittliche Lebensdauer einer Partei bereits übertroffen haben. Es gibt aber auch bereits ein halbes Dutzend Parteien, die erst nach Erreichen der doppelten durchschnittlichen Anerkennungszeit ihren Parteienstatus verloren haben. Die statistisch älteste Partei war zum Zeitpunkt der Aberkennung ihres Status als Partei über 34 Jahre lang ununterbrochen registriert. Wenn diese seit 40 Jahren geführte Statistik weitgehend unverändert in die kommenden Jahren übernommen werden kann, werden in den nächsten 8 Jahren von den derzeit beim Bundeswahlleiter registrierten 112 Parteien etwa 70 oder zwei Drittel ihren Status als Partei wieder verlieren.
Gleichzeitig werden in in diesem Zeitraum aber auch ca. 100 neue Parteien entstehen, von denen aber innerhalb dieser 8 Jahre etwa 30 auch bereits wieder aufgeben werden, so dass die Zahl der Parteien insgesamt in etwa konstant bleiben wird. Es gibt allerdings derzeit wieder einen mittelfristigen Trend zu einer langsamen Zunahme der Anzahl der registrierten Parteien in Deutschland.
In den nächsten 2 Wahlperioden werden also voraussichtlich 70 der heute existierenden Parteien durch 70 neue Parteien ersetzt werden. Mal sehen, ob auch programmatisch Änderungen stattfinden. Nur eine dramatische Änderung der gesellschaftspolitischen Bedingungen, die unter dem Eindruck der aktuellen Wirtschaftskrise allerdings nicht so unwahrscheinlich erscheint, würde diese Entwicklung verhindern.
Es stellt sich die Frage, ob der Staat nicht Bedingungen schaffen sollte, die die Parteien als Initiativen zur politischen Meinungsäußerung und Mitwirkung in Deutschland stabilisieren würden. Wenn drei Viertel aller Parteien, die bisher angetreten sind aufgeben mussten, wenn die Lebensdauer einer Partei von ihrer Gründung bis zur offiziellen Aberkennung ihres Status als Partei durch den Bundeswahlleiter nur gut 8 Jahre beträgt, so scheinen die protektionistischen Strukturen, die die herrschende Parteienoligarchie zum Selbstschutz aufgestellt haben, im von ihnen gewünschten Sinne zu funktionieren.
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